Heikler Depotbank-Entscheid
Beim umstrittenen Compenswiss-Entscheid ging es nicht nur um den Preis – UBS verlor das Mandat auch aus anderen Gründen an State Street. Die UBS sagt: «Wir investieren jährlich substantiell in unsere Global Custody Services.»
8. Oktober 2024 • Beat Schmid

Es war ein Paukenschlag, als Anfang Juli bekannt wurde, dass die staatlichen AHV-Fonds nach mehr als einem Vierteljahrhundert ihre Depotbank wechseln. Die UBS, seit 1996 Depotbank der Ausgleichsfonds, verlor das Mandat an die US-Grossbank State Street.

Verantwortlich für den Entscheid ist die Compenswiss. Die öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes mit Sitz in Genf verwaltet die Ausgleichsfonds der AHV, der IV und der EO. In den drei Fonds der ersten Säule sind über 40 Milliarden Franken angelegt. Präsident von Compenswiss ist Manuel Leuthold, der auch Verwaltungsratspräsident der Genfer Kantonalbank ist.

Die umstrittene Vergabe hat ein politisches Nachspiel. Mitte September stellte SVP-Nationalrat und Finanzpolitiker Thomas Matter dem Bundesrat in einer Interpellation mehrere Fragen, wie der Sonntagsblick berichtete. Unter anderem wollte Matter wissen, ob es aus Gründen der Sicherheit unseres Volksvermögens in der ersten Säule nicht sinnvoller wäre, die Verwahrung des Vermögens bei einer Schweizer Bank anzusiedeln.

Matter sagte: «Die Verwaltung der Gelder in der ersten Säule ist für unser Land systemrelevant.» Wenn es um etwas so Wichtiges wie die erste Säule gehe, dürften «ein paar Basispunkte» nicht den Ausschlag geben. «Was systemrelevant ist, gibt man nicht in ausländische Hände», so Matter.

Inzwischen haben sich weitere Politiker eingeschaltet. Wie die NZZ am Montag berichtete, sind zwei weitere bürgerliche Politiker auf das Thema aufgesprungen. FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger will vom Bundesrat wissen: Ob sich der Bundesrat bewusst sei, dass der Entscheid von Compenswiss in der Bevölkerung grosse Besorgnis ausgelöst habe.

Und FDP-Nationalrat Olivier Feller fragt, ob Compenswiss bei der Vergabe des Mandats an State Street alle Vorschriften des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen eingehalten habe. Der Entscheid sei politisch fragwürdig, sagte Feller. Die USA würden wohl kaum eine Schweizer Depotbank für ihre Sozialversicherungen wählen.

In der NZZ äussert sich erstmals auch Compenswiss-Direktor Eric Breval zur heiklen Vergabe des Custody-Mandats an State Street. Der Verwaltungsrat von Compenswiss habe das Depotbankmandat 2022 aufgrund einer Empfehlung der Eidgenössischen Finanzkontrolle ausgeschrieben, sagt er. Dabei habe sich State Street als «klar am besten geeignet» erwiesen und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis geboten. Die amerikanische Bank sei weltweit führend im Depotbank-Geschäft und habe hohe technische Kompetenzen, sagt er.

Neben dem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis verweist Breval auch auf die Funktionalität der State Street-Lösung. Ging es am Ende vielleicht doch um mehr als nur um «ein paar Basispunkte», wie Matter sagte?

Doch mehr als nur «ein paar Basispunkte»?

Nach Informationen aus dem Umfeld von Compenswiss scheint dies tatsächlich der Fall zu sein. Es sei nicht nur um den Preis gegangen, bestätigt eine mit den Vorgängen vertraute Quelle. Die Lösung von State Street biete auch eine «bessere Funktionalität» und sei im Vergleich zur UBS-Lösung «technisch auf dem neuesten Stand». Zudem erhoffe man sich von State Street eine «unbürokratischere» Zusammenarbeit, so die Quelle.

Die UBS will den Verlust des Compenswiss-Mandats auf Anfrage nicht direkt kommentieren. Eine Sprecherin schreibt in einer Stellungnahme: «UBS ist die führende Anbieterin für Schweizer Pensionskassen, mit einem umfassenden Angebot im Global Custody Geschäft. Wir investieren jährlich substantiell in unsere Global Custody Services, welche wir im Wealth Management auch weltweit anbieten.»

Das Verwahrungsgeschäft für Wertschriften ist im Bereich Institutional & Multinational Banking angesiedelt. Dieser wiederum gehört zur Geschäftseinheit Personal & Corporate Banking, die von UBS-Schweiz-Chefin Sabine Keller-Busse geleitet wird.

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