Politik
Die Finanzmarktaufsicht baut die Überwachung der Grossbank auf mindestens 40 Personen deutlich aus. Die Frage, die sich stellt: Wie sinnvoll ist das? Ein Kommentar.
19. September 2023 • Beat Schmid

Eigentlich ist es ein No-Brainer: Die UBS ist die mit Abstand grösste Bank der Schweiz. Ihre Bilanzsumme ist doppelt so gross wie das Schweizer Bruttoinlandprodukt. Weil die Superbank bei einem Zusammenbruch also auch den mit Abstand grössten volkswirtschaftlichen Schaden anrichten würde, ist es nur logisch, dass sich die Aufsicht voll und ganz auf die UBS konzentrieren muss.

Überspitzt könnte man sagen: Die Finma muss nur die UBS beaufsichtigen, alles andere kann sie sich schenken, weil die Risiken der anderen Banken und der Versicherungen völlig sekundär sind. Wenn die Finanzmarktaufsicht ein Risiko im Auge behalten muss, dann ist es die UBS. Es ist deshalb nachvollziehbar, wenn die Präsidentin der Finma, Marlene Amstad, in einem Interview mit der NZZ sagt, dass sie mehr Personal für die Überwachung der Bank zur Verfügung stellen wird.

«Wir haben die Teams neu organisiert und setzen mehr als 20 Mitarbeitende direkt für die UBS-Aufsicht ein. Indirekt, also in den Fachabteilungen, befassen sich nochmals mindestens 20 Personen schwergewichtig mit der UBS», sagte sie. Insgesamt sind es also 40 Personen – mindestens.

Aber es ist eine Illusion zu glauben, dass die Überwachung der Bank mit mehr Personal auch nur einen Hauch besser wird. Die Zahl der Aufseherinnen und Aufseher ist wichtig, aber letztlich zweitrangig, wenn man auf die falschen Risiken schaut. Da diese sich immer wieder ändern, braucht es vor allem viel gelebtes Wissen, wie eine Grossbank funktioniert, wie die Dynamiken in Krisensituationen ablaufen, wie die Bilanz gesteuert wird und wie Liquidität und Risiken gemanagt werden. Das ist eigentlich Basiswissen. Ist es bei der Finma vorhanden?

Warum sitzen keine ehemaligen Top-Banker im Finma-VR?

Dazu kommt: Die Finma muss in der Lage sein, ihre Kritik bei der UBS so zu platzieren, dass sie auch ankommt, dass sie eine Wirkung entfaltet. Der Direktor oder die Präsidentin muss das Format haben, den UBS-Präsidenten Colm Kelleher nach Bern zu zitieren, um ihm in aller Ruhe zu erklären, was man von ihm erwartet und was überhaupt nicht geht.

Kurz: Es braucht Leute mit Erfahrung und Format. Das Problem ist aber, dass in der Finma nur wenige Leute mit fundierter praktischer Bankerfahrung sitzen, im Verwaltungsrat sowieso, aber auch in den Geschäftsbereichen. Leider verläuft die Karriere eines Finma-Beamten meist umgekehrt. Man kommt jung zur Finma und wechselt dann auf einen lukrativen Posten in der Privatwirtschaft.

Wenn die Behörde zukunftsfähig sein will, muss sie offen sein für Banker, die genau den umgekehrten Weg gehen wollen. Warum wurde der ehemalige UBS-CEO Peter Wuffli, der seit 2007 nicht mehr bei einer Grossbank arbeitet, nie für den Verwaltungsrat der Finma angefragt? Er hätte es gemacht. Auch andere Top-Banker, die Know-how und Erfahrung mitbringen und zudem finanziell unabhängig sind, wurden nie angefragt. Die Schweiz ist klein, die «Human Resources» sind knapp, da ist es dumm, sie zu verschwenden.

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