Digital Asset Briefing
Das Interesse der Notenbanken an Kryptowährungen ist gross. Was läuft in der Welt der digitalen Zentralbankwährungen? Das und mehr lesen Sie in der ersten Ausgabe des Digital Asset Briefings.
21. April 2023 • Werner Grundlehner

Willkommen bei unserem Digital Asset Briefing. Hier lesen Sie die wichtigsten News aus der digitalen Welt. In der ersten Ausgabe geht Werner Grundlehner der Frage nach, wie weit die Notenbanken mit ihren digitalen Zentralbankwährungen sind.

Und den Short Cuts diese Woche:
• Die Folgen Shanghai Hard Fork von Ethereum, die vor wenigen Tagen über die Bühne ging.
• Die Kryptobörse FTX von Sam Bankman Fried ging mit viel Getöse unter. Jetzt steht sie vor einem Comeback.
“Pepe the Frog” legte diese Woche um 21’000 Prozent zu.



CBDC: Emsiges Arbeiten am “Notenbank-Bitcoin”

Aufgrund eines “beispiellosen” Interesses nach Leitlinien für digitale Zentralbankwährungen (Central Bank Digital Currency) plant der Internationale Währungsfonds (IMF) die Veröffentlichung eines CBDC-Handbuchs. Der IMF hat in den vergangenen zwei Jahren mit fast 30 Ländern zusammengearbeitet, die um Unterstützung bei CBDC baten und viele weitere Länder haben mit dem Währungsfonds zu diesem Thema Kontakt aufgenommen.

Die Haltung der Notenbanken ist schizophren. Gerne wird gegen Kryptowährungen geschossen und werden neue Regulierungen angedroht – Vorreiterin ist dabei oft die amerikanische Federal Reserve. Einerseits soll also die Geldschöpfung von nicht-staatlichen Kryptowährungen untersagt werden, andererseits wollen zahlreiche nationale Institute, eigene digitale Währungen lancieren.

Unterschieden wird bei diesen “Notenbank-Bitcoins” zwischen “Wholesale CBDC”, die von der entsprechenden Zentralbank nur an Geschäftsbanken und Nichtbank-Finanzinstitutionen ausgegeben werden, und “Retail CBDC”, die auch Privathaushalten zugänglich sind. Dabei gilt es auch zu unterscheiden, ob die Zentralbank das Projekt auf einer “permissioned” oder einer “permissionless” Blockchain plant. Auf erstere hätte nur die Notenbank Zugriff, letztere wäre für mehrere Player oder gar die Öffentlichkeit zugänglich.

Den Libra abgewürgt

Für den allgemeinen Zahlungsverkehr mag das Vertrauen der breiten Bevölkerung auch in etablierte Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum noch zu gering sein – zu hoch ist die Wertevolatilität und zu zahlreich die Skandalmeldungen. Daran ändert auch nichts, wenn es nicht direkt um diese Währungen ging, sondern etwa bei der Kryptobörse FTX um zentralisierte Institutionen, die Bitcoin & Co. handeln und aufbewahren. Im Jahr 2019 präsentierte der Facebook-Konzern Meta die Idee von einer eigenen Stablecoin-Währung “Libra”. Doch diese Digitalwährung scheiterte, hauptsächlich wegen des Drucks von Staaten und deren Nationalbanken.

Die Notenbanken sahen ihre Geldpolitik in Gefahr, sie wollen keine Konkurrenz und möchten die Hoheit über Geld- und Währungspolitik behalten. Aber sie sind aufgewacht. Zahlreiche Zentralbanken arbeiten seither an digitalen Landeswährungen. Vorreiter war aber nicht etwa die USA, die EU oder ein technologieaffines Land in Südostasien, sondern die Bahamas. Der Inselstaat im Atlantik führte im Oktober 2021 als erstes Land der Welt eine digitale Währung, mit dem dem passenden Namen “Sand-Dollar” ein.

China sucht die Überwachung

Auch China ist mit dem “Digital Yuan” ein Vorreiter. Hier sind es aber nicht unbedingt hehre Ziele. Das Land verfolgt in der gesamten Digitalisierung den Prozess der staatlichen Zentralisierung, so soll die Kommunistische Partei die totale Kontrolle über alle persönlichen Daten der Bürger erhalten. Im Jahr 2021 zahlte China den Regierungsbeamten einen Teil ihres Gehalts in CBDC aus. Zum Start der olympischen Winterspiele 2022 schaltete die chinesische Notenbank die Yuan-Wallets (digitale Brieftasche als Smartphone-App) in mehreren chinesischen Grossstädten frei. Die Nutzer, es sollten bereits damals 200 Millionen gewesen sein, konnten den digitalen Yuan als CBDC erwerben und bei diversen Handelspartnern online, als auch offline bezahlen.

Auch die skandinavischen Länder, Hongkong und Israel arbeiten schon seit Jahren an der E-Landeswährung. Obwohl in Schweden in früheren Projekten bereits Autos mit CBDC (E-Krona) gekauft werden konnten, ist noch offen, ob die Bürger überhaupt eine Retail-CBDC wünschen. In Schweden ist das Bargeld ohnehin schon lange auf dem Rückzug, und digitale Zahlungsmöglichkeiten haben sich fast überall etabliert. So bleibt es offen, ob die Schweden überhaupt von Google- und Apple-Pay sowie anderen effizienten Systemen auf das digitale Staatsgeld umsteigen wollen.

Oft sind es auch Entwicklungsländer, die über die Einführung von digitalem Notenbankgeld diskutieren – und so einige Zwischenstufen bei der finanziellen Erschliessung des Landes überspringen möchten – etwas, das im Mobilfunk und dem mobilen Internet auch gelungen ist. Es experimentieren Kambodscha mit dem “Bakong” und Uruguay mit dem “E-Peso” schon seit einigen Jahren mit digitalem Bargeld.

In Sambia wird derzeit intensiv über ein Pilotprojekt diskutiert – im Juni 2023 soll eine neue Krypto-Gesetzgebung erlassen werden. Der zuständige Innovationsminister warnte jedoch, bevor der Krypto-Bereich reguliert werde, sollten die Themen digitale Infrastruktur und Identitäten geklärt werden.

SNB macht einen Schritt und bremst

Auch hierzulande arbeitet die Schweizerische Nationalbank (SNB) seit längerem an einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC). Doch die SNB konzentriert sich auf Wholesale CBDC für die Abwicklung von Geschäften unter Finanzdienstleistern. Mehrere Tests mit SNB-Digitalgeld mit Geschäftsbanken sind bereits erfolgreich verlaufen.

Hingegen erteilte die SNB einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) für Privatpersonen zum breiten Einsatz für alltägliche Transaktionen eine Absage. “Wir glauben, dass die Risiken die Vorteile überwiegen”, sagte etwa SNB-Direktoriumsmitglied Andrea Maechler an einer Konferenz. Gerade der jüngste digitale Bankrun (wenn die Kunden in grosser Zahl ihre Guthaben von einer Bank abziehen) bei der CS, welche zur Übernahme der Grossbank durch die UBS führte, hat die Gefahren aufgezeigt, die eine CBDC für eine Bank bringen könnte. Das Verschieben der Gelder von einer Bank zur anderen wäre damit für Kunden einfacher und würde wohl auch schneller vollzogen.

Weil die digitale Landeswährung über die SNB kaum vorankommt, gibt es mittlerweile verschiedene privaten Bestrebungen, einen E-Franken zu lancieren. Vor kurzem teilte etwa die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) mit, einen von beaufsichtigten Schweizer Banken garantierten, auf der Blockchain handelbaren digitalen Franken schaffen zu wollen.

Braucht es Banken noch?

Dabei stellt sich aber die Frage, ob es für die Verwaltung von Kundenguthaben überhaupt noch Banken brauchen würde. In der Theorie könnte mit einer Retail CBDC jeder Bürger und jede juristische Person direkt bei der Nationalbank ein Konto führen. Damit wäre auch die Gefahr von Bankruns ausgeschaltet. Eine digitale Notenbank-Währung für Private würde das Gegenparteirisiko bei Geschäftsbanken aussetzen und wäre mit Bargeld zu vergleichen. Es gibt jedoch grosse Nachteile gegenüber dem Bargeld. Die Notenbank hätte mit digitalem Notenbankgeld die komplette Kontrolle über das Geld, könnte dieses zurückhalten oder den Kauf von “ungewünschten” Produkten wie Zigaretten, ungesunde Lebensmittel, Reisen etc. unterbinden.

Eine staatliche Kryptowährung ist also das genaue Gegenteil des Bitcoins. Statt durch eine zentrale Institution wird der Bitcoin dezentral durch alle Teilnehmer im Netzwerk verwaltet. Es gibt keine Möglichkeit, die Guthaben zu kontrollieren oder zu konfiszieren. Entscheidend ist insbesondere, ob die Notenbankwährungen auf eine Blockchain setzen, die zentral verwaltet wird oder dezentral organisiert ist. Es gibt sogar CBDC-Projekte, die ohne Blockchain auskommen. Das sind aber eher “Werbeveranstaltungen”, die lediglich vom Trend-Begriff “Krypto” profitieren wollen, denn bereits heute wickeln Notenbanken, die Transaktionen mit den angehängten Geschäftsbanken mit digitalem Geld ab.



Short cuts: News aus der digitalen Welt

Folgen der Ethereum "Gabel"

Vor wenigen Tagen ging die Shanghai Hard Fork von Ethereum über die Bühne – und das mit weniger Aufregung als erwartet. Ethereum ist die Blockchain der zweitgrössten Kryptowährung und wird bevorzugt für Web3-Anwendungen (DeFi, NFT, etc.) genutzt. Nach der Fork (technische Erneuerung durch Änderung des Protokolls) konnten Coin-Inhaber, die ihre Ether beim Ethereum Merge im vergangenen September für das Staking zur Verfügung gestellt hatten, erstmals wieder über diesen “Zins” und auch den ursprünglichen Einsatz verfügen. Im September 2022 war der Konsensmechanismus von Ethereum vom energieintensiven Proof-of-Stake auf Proof-of-Work umgestellt worden.

Die Hard Fork funktionierte auf technischer Ebene ohne Probleme und auch im Kryptohandel kam es zu keinen Verwerfungen. In den ersten zwei Tagen hätten rund 200 Millionen Dollar an Gegenwert in Ether auf den Markt kommen können. Doch der Ether blieb stabil auf rund 2000 Dollar und kletterte in den nächsten Tagen sogar auf 2100 Dollar. Das deuten Beobachter als grossen Vertrauensbeweis in die Blockchain. Nun können sich die Entwickler neuen technischen Anpassungen widkmen. Im Fokus stehen vor allem Featurs zur Privatsphäre, Identität und Accountabstraktion – das heisst, es soll einfacher werden, Etherum via Wallet als Identität verwenden zu können.


Meme-Coins: Der Frosch springt einige Tausend Prozente hoch

Das ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die bei Krypto-Coins jeweils “reine Spekulation” rufen. Der vor Wochenfrist lancierte Meme-Coins “Pepe the Frog” legte in den ersten drei Tagen um über 21’000 Prozent zu und erreichte eine Marktkapitalisierung von deutlich über 30 Mio. $. Meme-Coins wurden vor allem dank des Dogecoin von Elon Musk bekannt. Sie haben tatsächlich kaum einen nachweisbaren Nutzen und weisen auch schwache Cryptonomics (Kennzahlen wie Distrubtion und Handelsvolumen) auf. Meme-Coins werden gekauft mit der Hoffnung jemanden zu finden, der sie einem teurer abkauft. Link


Das zweite Leben von FTX

Die Kryptobörse FTX von Sam Bankman Fried, die mit viel Getöse und Skandalen im vergangenen November zusammengebrochen ist, steht vor einem Comeback. Gemäss Konkursverwalter sind rund 7,3 Milliarden Dollar in Assets aufgetaucht. Die Insolvenzberater sprechen jetzt sogar von der Möglichkeit, die Börse im April wieder operativ arbeiten zu lassen. Das Vermögen würde dafür sorgen, dass einige Kunden an ihr Geld kommen könnten. Entscheiden ist jetzt, woher die Gelder kommen, sind sie direkt einzelnen Kunden zurechenbar und welches Konkursrecht kommt zur Anwendung? In der Schweiz wurde zudem der Verkauf der FTX Europa vom Gericht genehmigt. Das ist eine gute Nachricht für die europäischen Kunden, denn von den eingangs erwähnten 7,3 Milliarden würden wahrscheinlich vor allem US-Bürger profitieren. Link


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