Nachhaltig erfolgreich
Das Industrieunternehmen Belimo profitiert von den Megatrends Energiesparen und gesundes Raumklima. CEO Lars van der Haegen ist überzeugt, dass sich die Erfolgsstory fortführen lässt. Eine Spurensuche in Hinwil ZH.
2. April 2023 • Beat Schmid

Belimo im zürcherischen Hinwil. Der mächtige Industriebau steht direkt an der Hauptstrasse, die weiter ins Oberland führt. Auf der anderen Seite befindet sich der Sauber-Rennstall. Während Sauber jedes Kind kennt, ist Belimo fast nur in Fachkreisen ein Begriff. Dort aber geniesst das Unternehmen den Ruf eines wahren Champions. Wie sehr Belimo sich von anderen abhebt, zeigt ein Blick auf die Entwicklung des Aktienkurses.

In den letzten 25 Jahren ist der Kurs um 4000 Prozent gestiegen. Wer damals 10’000 Franken in das Unternehmen investierte, hat heute 410’000 Franken – Dividendenausschüttungen nicht eingerechnet. Wer damals so viel Geld für CS-Aktien ausgab, hat heute noch 300 Franken. Ein 10’000-Franken-Investment in die UBS wäre heute noch 8600 Franken wert.

Es gibt nicht viele Firmen in der Schweiz, die eine ähnlich steile Börsenkarriere hingelegt haben wie Belimo. Dazu zählen Firmen wie Bossard, Comet, Interroll, Sika oder VAT. Die Hinwiler beschäftigen 2200 Mitarbeitende, davon die Hälfte in der Schweiz. Mit einem Börsenwert von 5,4 Milliarden Franken ist das Unternehmen hoch bewertet für seine Grösse. Zum Vergleich: Stadler Rail kommt auf 3,57 Milliarden.

Was macht den Unterschied? Patrick Burkhalter gehört zu einer der Gründerfamilien und ist seit vier Jahren Verwaltungsratspräsident von Belimo. Er überlegt und sagt: “Es ist relativ einfach: Wir hatten von Anfang an einen klaren Fokus auf den Kundennutzen.” Wenn die Kunden einen grösseren Nutzen haben, dann machen wir mehr Gewinn, dann können wir wachsen und so weiter. Der zweite Leitsatz: “Wir machen nur das, was wir besser können als andere.” Das heisst, Belimo arbeitet eng mit Lieferanten zusammen, die beispielsweise Gehäuse oder Ventile liefern.

Am Produktionsstandort in Hinwil werden die Komponenten zusammengebaut und getestet. Dort sitzen auch die Ingenieure und Software-Entwicklerinnen; sieben Prozent des Umsatzes fliesst in diesen Bereich. Kaum ein anderes Unternehmen investiert so viel in Forschung und Entwicklung.

Hinwiler “Gerätli” steuern den Apple-Hauptsitz

Die Produkte erkennt man an ihrer orangen Farbe. Im Unternehmen werden sie liebevoll “Gerätli” genannt. Es gibt sie in unterschiedlichen Formen und mit unterschiedlichen Funktionen. Aber eigentlich geht es immer ums Gleiche: Die Geräte werden in Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen von grossen Büro-, Gewerbe- und Industriegebäuden eingebaut. Bekannte Beispiele sind die Roche-Tower in Basel oder der spektakuläre Apple-Hauptsitz in Cupertino, wo über 27’000 Steuergeräte und Sensoren aus Hinwil im Einsatz stehen.

Es ist der Fokus auf eine schmale Nische, die den Erfolg begründet, sagt Burkhalter. Das war schon von Anfang an so, als die Firma vor über 40 Jahren gegründet wurde. Das erste Produkt war ein sogenannter Steckmotor. Früher wurden Lüftungsklappen von Klimageräten mit einem aufwändig zu installierenden Gestänge geöffnet und geschlossen. Die Steckmotoren konnten direkt auf die Achse des Klappmechanismus geschraubt werden, was viel schneller zu installieren war. Die Kunden sahen sofort den Nutzen.

Inzwischen ist das Unternehmen Weltmarktführer in seiner Nische mit einem Anteil von 20 Prozent. CEO Lars van der Haegen ist zuversichtlich, dass die Erfolgsstory sich fortführen lässt. Megatrends wie Energiesparen und ein reines Raumklima (Stichwort Covid) werden auch in Zukunft die Nachfrage nach den Produkten ankurbeln. Laut van der Haegen können smarte Regelsysteme den Energieverbrauch von Gebäuden um 10 bis 50 Prozent senken.

Das Potenzial sei riesig, sagt er. Die Gebäude sind verantwortlich für 40 Prozent aller CO₂-Emissionen. Wenn man hier Effizienzen heraushole, mache das einen echt grossen Unterschied aus. Langsam habe das auch die Politik erkannt, die in der Klimadiskussion lange auf Themen wie das Fliegen geschaut habe. Dabei gebe es in der Aviatik viel weniger Einsparpotenzial als bei Gebäuden. Dass die Geräte helfen, die CO₂-Belastung zu senken, ist quasi ein zweiter, nachgelagerter Nutzen der orangen Gerätli.

Belimo ist Geld verdienen “ein bisschen wichtig”

Finanziell geht es Belimo blendend. Das hat auch damit zu tun, dass man versucht, “bescheiden” zu sein. Das hat Vorteile: Mit einem Eigenfinanzierungsgrad von 80 Prozent ist Belimo nicht abhängig von den Banken, sagt Lars van der Haegen. Das bezeichnet er als Glücksfall. Und Präsident Burkhalter sagt: “Wir brauchen sie vor allem, um Geld hin und her zu schieben.” Auf Dienstleistungen einer Investmentbank ist die Firma kaum angewiesen, da sie bisher keine grösseren Akquisitionen getätigt hat und vor allem organisch wächst.

Was unterscheidet ein Industriebetrieb wie Belimo von einer Bank? “Wir leben für unsere orangen ‘Gerätli’ – das ist unser Ding”, sagt Burkhalter. “Ein Banker lebt für Geld. Wenn er dich als Kunde gewinnen will, muss er dir mehr Geld bringen. Das Geld ist also das einzige, das es in seiner Welt gibt. Darum ist der Bonus für ihn auch so wichtig.” Bei Belimo sei Geld verdienen auch “ein bisschen wichtig”, aber es geht um die orangen Produkte. “Sie sind es, die uns antreiben und nicht das Geld”, sagt er.