Notliquidität
Wenige Stunden nach der Solidaritätsbekundung von Finma und SNB zapft die angeschlagene Grossbank Liquidität in gigantischem Ausmass an. CEO Ulrich Körner bedankt sich bei seinen Rettern.
16. März 2023 • Beat Schmid

Bei der Credit Suisse geht es Schlag auf Schlag. Nach der gestrigen Ankündigung von Finma und Nationalbank, der angeschlagenen Grossbank im “Bedarfsfall” unter die Arme zu greifen und Liquidität zur Verfügung zu stellen, kommt ein paar Stunden später schon die Antwort der CS. Wie die Grossbank am Donnerstag früh mitteilt, beabsichtigt sie, “ihre Option auszuüben, bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im Rahmen einer gedeckten Kreditfazilität (Covered Loan Facility) sowie einer kurzfristigen Liquiditätsfazilität bis zu 50 Milliarden Franken aufzunehmen”.

Ebenfalls gibt die Grossbank bekannt, dass sie die frischen Mittel einsetzt, um Anleihen im Umfang von 3 Milliarden Franken in Bar zurückzukaufen. Dabei handelt es sich um 10 vorrangige Dollar-Bonds im Gesamtwert von bis zu 2,5 Milliarden Dollar. Gleichzeitig will die Bank 4 Euro-Anleihen im Umfang von 500 Millionen Euro zurückkaufen. Zu welchem Zinssatz diese Anleihen ursprünglich begeben wurden, ist nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass es sich um einen sehr hohen Coupon handelt.

Das Rückkaufangebot läuft bis zum 22. März und ist an verschiedene Bedingungen geknüpft. Ob sich die Käufer allerdings von ihren mutmasslich hochverzinsten Bonds trennen werden, ist möglicherweise eine andere Frage – zumal die Credit Suisse jetzt über eine De-facto-Staatsgarantie verfügt.

Nationalbank begibt sich ins Risiko

Die CS spricht in der Mitteilung von “entscheidenden Massnahmen” zur “präventiven Stärkung” der Liquidität. Diese zusätzliche Liquidität soll das “Kerngeschäft” und die “Kunden der Credit Suisse unterstützen”, schreibt die Grossbank allen Ernstes. Die Bank unternehme die “notwendigen Schritte”, um eine “einfachere und stärker auf die Kundenbedürfnisse” ausgerichtete Bank zu schaffen.

Mit der Liquiditätsfazilität begibt sich die Nationalbank automatisch ins Risiko. Die Mittel, die die CS von der Nationalbank erhält, seien “vollständig durch erstklassige Vermögenswerte” besichert, schreibt die CS. Um welche Vermögenswerte es sich dabei genau handelt, geht aus der Mitteilung nicht hervor.

Konzernchef Ulrich Körner sagt, dass mit diesen Massnahmen die Credit Suisse gestärkt werde, “um für unsere Kunden und andere Anspruchsgruppen Mehrwert zu schaffen”. “Wir danken der SNB und der Finma für die Umsetzung unseres strategischen Wandels. Mein Team und ich sind entschlossen, rasch voranzukommen, um eine einfachere und stärker auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtete Bank zu schaffen.”

Die Grossbank macht auch Angaben zur Liquidität der Bank, wie sie sich am Dienstag, 14. März präsentierte – also am Tag vor dem Absturz. Per Ende 2022 wies die Bank eine durchschnittliche Liquiditätsdeckungsquote 1 (LCR) von 144 Prozent auf, die sich seither auf rund 150 Prozent verbessert habe. Aber eben, das war am Montag. Wie sich die Lage gestern Abend darstellte, sagte die Bank nicht. Die Inanspruchnahme der Covered Loan Facility in Höhe von 39 Milliarden Franken wird die LCR mit “sofortiger Wirkung weiter stärken”.

Die Nationalbank hat sich bisher noch nicht zum Milliardenhilfspaket geäussert.

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