Dollar-Dominanz in Gefahr
Kongressleute machen Druck auf die Fed, rasch digitales Zentralbankgeld einzuführen. Sie sehen den Dollar als Weltreservewährung durch China herausgefordert.
9. August 2022 • Beat Schmid

Eine überparteiliche Gruppe von Politikern setzt sich dafür ein, dass die USA baldmöglichst einen digitalen Dollar erhält. Damit soll Bestrebungen von anderen Ländern entgegengetreten werden. Der Finanzdienstleistungsausschuss des Repräsentantenhauses, dem beide Parteien angehören, könnte bereits im September über ein entsprechendes Gesetz abstimmen, wie das “Wall Street Journal” berichtet.

Die Parlamentarier glauben, dass mit digitalen Währungen die Karten neu gemischt werden. Joe Biden und die Notenbank Fed sehen hingegen keinen Grund zur Eile. Im Gegensatz zu bekannten Kryptowährungen wie Bitcoin würde eine von der Fed ausgegebene digitale Zentralbankwährung von der US-Notenbank garantiert werden, so wie die Fed den physischen Dollar schützt. In der Fachwelt spricht man von digitalem Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC).

Powell hat es nicht eilig

Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, hat mit der Inflation und der sich verlangsamenden Wirtschaft andere Sorgen. Zudem ist er Ansicht, dass es wichtiger sei, zunächst ein grundseriöses Konzept für einen digitalen Dollar auszuarbeiten, statt als Erster auf den Markt zu kommen. Auch deshalb, weil der Dollar weltweit eine Sonderrolle einnimmt. Er sagte auch, dass die Fed nur dann einen digitalen Dollar einführen würde, wenn es dafür einen politischen Auftrag gebe.

Soweit könnte es bald sein. Maxine Waters, die den Vorsitz im Ausschuss für Finanzdienstleistungen innehat, hat bereits einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet, der die Fed verpflichten würde, die Einführung eines digitalen Dollars vorzubereiten.

Laut dem “Wall Street Journal” stösst die Idee der Politiker allerdings auch auf heftigen Widerstand. Vertreter der Finanzbranche kritisieren, dass die Kosten einer digitalen Zentralbankwährung die Vorteile überwiegen würden. Sie sind auch der Meinung, dass ein digitaler Dollar Kredite verteuern könnte.

Vorteile für Konsumentinnen

Ein E-Dollar könnte aber auch viele Vorteile bringen. Neben einer Kredit- oder Debitkarte könnten Konsumentinnen und Konsumenten mit digitalen Dollars auf ihren Handys bezahlen. Das könnte zu schnelleren, billigeren und sichereren Zahlungen führen und das Papiergeld überflüssig machen.

Die Digitalisierung von Zentralbankgeld könnte den grenzüberschreitenden Geldverkehr erleichtern und die Gebühren für Überweisungen senken. Befürworter sagen auch, dass dies zu einer schnelleren und sichereren Zustellung von staatlichen Zahlungen wie Arbeitslosengelder usw. führen könnte.

Einige Mitglieder des Kongresses sehen die USA im Rückstand. Laut der Washingtoner Denkfabrik Atlantic Council haben 16 Mitglieder der G20 entsprechende Projekt in der Pipeline. Die Europäische Zentralbank prüft derzeit Entwürfe für einen digitalen Euro und bereitet den Start eines Pilotprojekts vor.

US-Poltiker haben Angst wegen China

Die Amerikaner sehen sich vor allem herausgefordert durch China, das schon 2020 mit der Erprobung seiner eigenen, von der Zentralbank ausgegebenen digitalen Währung begann. Die chinesischen Behörden haben die internationale Verwendung des e-CNY, so der offizielle Name der chinesischen Digitalwährung, nicht ausgeschlossen, sagen aber, dass sie für die Verwendung in kleinem Umfang durch die Verbraucher gedacht ist.

US-Analysten schauen mit Argusaugen auf die nächsten Schritte der People's Bank of China. Insbesondere darauf, ob sie sich mit anderen Zentralbanken zusammenzuschliesst, um digitale Währungen gegenseitig anzuerkennen. Viele Länder, nicht nur China, haben ein Problem mit der dominanten Rolle, die der Dollar im weltweiten Handel spielt. In China gibt es Befürchtungen, dass Finanzinstitute vom Dollarhandel ausgeschlossen werden könnten, etwa als Reaktion auf einen Konflikt um Taiwan.