Neue Klage gegen Hedgefonds
Eine neue Klage in New York beleuchtet den bizarren Personenkult um den mutmasslichen Milliardenbetrüger Bill Hwang. Ein Mitarbeiter will gesperrte Boni über 50 Millionen zurück.
6. Juli 2022 • Beat Schmid

Ein ehemaliger Angestellter des gescheiterten Hedgefonds Archegos hat am Dienstag beim Bundesbezirksgericht in Manhattan eine Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, Gründer Bill Hwang sowie fünf frühere Führungskräfte eingereicht. Archegos brach letztes Jahr zusammen und hinterliess ein Finanzloch von 10 Milliarden Dollar.

Brendan Sullivan, ein Analyst für Technologieaktien, der kurz nach der Pleite kündigte, sagte gemäss Klageschrift, er habe insgesamt 50 Millionen Dollar an aufgeschobenen Boni verloren. Diese waren Teil eines unternehmensweiten Mitarbeitervergütungsplans in der Höhe von 500 Millionen Dollar. Die gesperrten Boni lösten sich mit anderen Vermögenswerten von Archegos in Luft auf.

Grosse Investmentbanken wie die Credit Suisse, UBS und Nomura haben dem Hedgefonds Kredite in Milliardenhöhe gegeben und erlitten nach dem Zusammenbruch massive Verluste. Die Credit Suisse wurde am stärksten getroffen mit einem Verlust von fünf Milliarden Dollar. Bei der UBS betrug die Belastung 860 Millionen Dollar.

“Keine Einzahlung, kein Bonus.”

Die Klage von Sullivan zielt darauf ab, die im Strudel der Pleite verschwundenen Bonuszahlungen zurückzufordern. Gemäss Klageschrift wurde den Angestellten gesagt, dass die aufgeschobenen Vergütungen garantiert und dass sie in hochliquide Aktien investiert worden seien. Doch diese Behauptungen entsprachen nicht der Wahrheit, heisst es in der Klage.

Die Mitarbeiter seien gezwungen worden, mindestens 25 Prozent ihres Jahresbonus in den Plan einzuzahlen. Bevor sie überhaupt die Höhe ihres Bonus kannten, mussten sie angeben, wie viel sie zurückstellen würden. “Die Botschaft war glasklar”, heisst es in der Klage: “Keine Einzahlung, kein Bonus.”

Als sich die Krise zuspitzte, habe das Management des Hedgefonds versucht, die Mitarbeiter davon abzuhalten, zu kündigen. Man sagte ihnen offenbar, dass sie die aufgeschobenen Entschädigungszahlungen nicht bekommen würden, falls sie gingen.

“Eine schamlose Bereitschaft, das Gesetz zu brechen”

Die Klageschrift wirft ein Licht auf die bizarre Firmenkultur des Hedgefonds. Archegos sei wie eine “Sekte” geführt worden, heisst es. Die Bewerbungsgespräche hätten sich um Religion gedreht und um die “religiöse Erziehung” der Jobkandidaten. Bei Leistungsbeurteilungen habe Bill Hwang gefordert, dass die Mitarbeiter "mehr Zeit ihrem Glauben widmen".

Auf Betriebsausflügen seien Mitarbeiter gelobt worden, die öffentlich ihre Dankbarkeit für "Gott, Hwang und Archegos" bekundeten. Laut Sullivan bezeichnete sich Hwang oft als "der Geldmensch, der Priestern die Bibel lehrt". Hwang habe "grössenwahnsinnige Züge” und zeige eine “schamlose Bereitschaft, das Gesetz zu brechen".

Die Klage zeichnet den Aufstieg von Bill Hwang nach, der beim legendären Hedge-Fonds-Managers Julian Robertson begann und später wegen Insiderhandel zu einer Vergleichszahlung von 44 Millionen Dollar verknurrt wurde. Hwang habe stets versucht, "aussergewöhnliche Renditen zu erzielen, selbst wenn er dafür das Gesetz brechen musste", heisst es in der Klage.

Hunderte Millionen in Sicherheit gebracht

Bill Hwang habe vor der Pleite “Hunderte von Millionen Dollar” in Sicherheit gebracht, indem er Aktien an eine gemeinnützige Stiftung übertrug. Der Empfänger war Hwangs Grace and Mercy Foundation. Diese verkaufte die Aktien "innerhalb weniger Tage" mit Gewinn, heisst es in der Klageschrift. In der Stiftung befanden sich zum Zeitpunkt der Pleite 590 Millionen Dollar.

Die New Yorker Staatsanwaltschaft erhob im April Anklage gegen Hwang wegen Erpressung, Betrug und Marktmanipulation und nannte Archegos ein "Instrument der Marktmanipulation und des Betrugs". Weitere Klagen wurden von der Commodity Futures Trading Commission und der Börsenaufsicht SEC eingereicht.