Shareholder Aktivismus
Aktivistische Aktionäre gewinnen zwar an Einfluss, doch durchsetzen können sie sich noch nicht. Das liegt auch am Abstimmungsverhalten von Blackrock und Co.
2. Mai 2022 • Beat Schmid

Das Resultat ist eindeutig: 77,21 Prozent der Aktionäre an der Generalversammlung der Credit Suisse vom letzten Freitag lehnten einen Vorschlag der Schweizer Ethos-Stiftung und des NGO ShareAction ab. 4,2 Prozent enthielten sich der Stimmen und 18,5 Prozent sagen ja zum Vorstoss, den die CS verpflichtet hätte, in ihren Statuten Klimaschutzmassnahmen festzuschreiben und ihr Engagement im Bereich fossiler Brennstoffe herunterzufahren.

Insgesamt schlossen sich Ethos und ShareAction 31 institutionelle Investoren an, darunter grosse Asset-Manager wie Amundi sowie Dutzende Pensionskassen wie etwa jene des Bundes (Publica), der Schweizerischen Post und der Stadt Zürich sowie zahlreiche öffentlich-rechtliche Kassen aus Grossbritannien und Skandinavien.

Insgesamt verwalten die Investoren Gelder im Umfang von 5000 Milliarden Dollar, allein Amundi bringt es auf 2000 Milliarden, wie die Aktionärs-Gruppe im Vorfeld der CS-Generalversammlung bekannt gab. Ein derart breiter Schulterschluss von klimaaktivistischen Investoren gab es wohl noch nie an einer Generalversammlung eines Schweizer Grossunternehmens.

Blackrock stimmt wohl gegen den Ethos-Vorschlag

Und trotzdem reichte es nicht. Das Ergebnis lässt vermuten, dass sich dem Vorstoss keine weiteren Aktionäre angeschlossen haben. Dass beispielsweise Blackrock, die an der Credit Suisse über ihre Fonds immerhin 4,11 Prozent oder 109 Millionen Stimmen hält, nicht für den Ethos-Vorschlag gestimmt hat.

Die Generalversammlung der CS zeigt, klimabezogene Aktionärsaktivisten gewinnen allmählich an Unterstützung. Ohne Support der grossen Vermögensverwalter und einflussreichen Stimmrechtsverwalter wie ISS und Glass Lewis geht es nicht.

Erst wenn es zu einem umfassenden Zusammenschluss kommt, können oppositionelle Aktionäre den Verwaltungsrat in die Knie zwingen. Das gelang bei der Abstimmung über die Entlastung der CS-Organe für das Jahr 2020. 77 Prozent der versammelten Aktionäre stellten sich am Freitag gegen den Verwaltungsrat und verweigerten die Décharge.

Neben Ethos, ISS und Glass Lewis befürwortete die Ablehnung unter anderem auch der norwegische Staatsfonds, der rund 1,3 Prozent der CS-Stimmen hält. Viele Investoren legen ihr Stimmverhalten erst später oder gar nie offen. So ist nicht klar, wie die grössten CS-Aktionäre wie Harris Associates, Dodge & Cox und Silchester abgestimmt haben.

Auch in den USA haben es klimaaktivistische Investoren schwer

Dass Blackrock gegen den Klima-Vorstoss von Ethos und ShareAction gestimmt hat, ist insofern pikant als Larry Fink, der CEO des weltgrössten Vermögensverwalters, immer wieder betont, beim Klimaschutz durchgreifen zu wollen. In seinen sogenannten CEO-Briefen gibt er gerne den mahnenden Klimaschützer und redet den Managern ins Gewissen.

Dass grosse Asset-Management-Firmen zwar gerne über Klimarisiken sprechen, aber bei Abstimmungen meist gegen konkrete CO₂-Reduktionsziele stimmen, mussten letzte Woche auch aktivistische Investoren in den USA erfahren. Ihre Vorstösse zur Beendigung der Finanzierung des Ausbaus fossiler Brennstoffe wurden sowohl bei Citi, Bank of America und Wells Fargo mit 12,8 und zweimal 11 Prozent der Stimmen haushoch abgelehnt.

Die GV-Saison ist noch am Laufen, doch schon jetzt lässt sich sagen: Zwar stimmen immer mehr Aktionäre für Klimaschutzmassnahmen, doch von einer Mehrheit sind aktivistische Investoren noch weit entfernt.

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