Heikler Verkauf von Schweizer Munition
Windturbinen-Unternehmer Rudolf Hardon will mit einem tschechischen Waffenkonzern die Thuner Munitionsfabrik Ruag Ammotec übernehmen. Wie bringt er das zusammen? Das Interview.
25. Februar 2022 • Beat Schmid

Er war bis 2021 CEO des Technologieunternehmens Gurit und wechselte dann in den Verwaltungsrat. Im Frühling soll er das Präsidium übernehmen. Jetzt will Rudolf Hadorn mit anderen Investoren ins Munitionsgeschäft einsteigen. Eine Kaufofferte beim Bund ist hängig.

Herr Hadorn, Sie haben während vielen Jahren Gurit geführt. Die Firma gilt als ein Champion im Bereich der Nachhaltigkeit. Jetzt möchten Sie mit einem tschechischen Waffenkonzern die Thuner Munitionsfabrik Ruag Ammotec kaufen. Wie bringen Sie das persönlich unter einen Hut?

Ich bin felsenfest von der Sinnhaftigkeit von erneuerbaren Energien überzeugt. Das weiss jeder, der mich kennt. Aber ich bin auf der anderen Seite ebenso überzeugt, dass man den Verkauf einer Munitionsfabrik nicht einfach auf kommerzielle Details reduzieren darf. Das ist mir zu kurz gedacht. Deshalb will ich mich als Privatperson persönlich und finanziell stark engagieren, zusammen mit anderen Unternehmern, die ähnlich denken wie ich.

Warum soll man den Verkauf nicht auf kommerzielle Details reduzieren, wie Sie sagen?

Weil es um viel mehr geht. Es geht um die zuverlässige Versorgung des Landes in einem ganz sensiblen Bereich und das nachhaltige Sicherstellen eines einwandfreien Geschäftsgebarens. Zudem sind mir die Standortsicherung Thun und die vielen Arbeitsplätze in der Schweiz ganz wichtig. Das interessiert und motiviert mich, mitzumachen. Wenn die Ammotec künftig schon keinen Schweizer Alleineigentümer mehr hat, dann sollte sie wenigstens einen aktiven und starken Schweizer Miteigentümer bekommen.

Es ist vorgesehen, dass Sie in den Verwaltungsrat eines noch zu gründenden Unternehmens einziehen, an dem Sie, ihr Sohn und ein dritter Investor eine Minderheitsbeteiligung halten werden. Was motiviert sie?

Mir geht es darum, auf bestmöglichem Weg auf eine Schweizer Firma Einfluss zu nehmen.

Wie kam es zu dieser Lösung mit CZG? Wurden Sie angefragt?

Ich habe das nicht gesucht, ich wurde angesprochen – wie ich jetzt auch von den Medien angesprochen wurde. Am Anfang war ich ein wenig überrascht, habe mir das dann in Ruhe angeschaut, habe recherchiert und mich dann entschieden, mitzumachen. CZG hat verstanden, dass es um mehr geht, als um einen reinen finanziellen Deal und suchte gezielt einen Schweizer Mitinvestor um den Schweizer Belangen Rechnung zu tragen.

Haben Sie einen Zugang zum Schiessen und zum Waffengeschäft?

Ich habe den Zugang, den jeder typische Wehrpflichtige in der Schweiz auch hat. Als Offizier habe ich meine Diensttage in der Armee absolviert und in diesem Rahmen auch die Waffe benutzt. Ich bin kein Jäger oder Sportschütze. Munition ist einfach nötig. Wir können nicht ohne sein in einem Verteidigungsfall.

Wieso ist Ruag Ammotec bei Ihnen in besseren Händen als bei anderen Bewerbern, etwa bei der italienischen Beretta?

Ich kann nur über unsere Bewerbung sprechen. CZG ist eine stark wachsende, gesunde und international tätige Unternehmung mit tschechischen Wurzeln, die mit den Nato-Staaten, Kanada und den USA ihre Hauptgeschäfte betreibt. Sie ist der Transparenz und einwandfreiem Geschäftsgebaren verpflichtet und deshalb auch an der Prager Börse kotiert – daher auch zu mehr Transparenz verpflichtet als eine Privatfirma. Das bietet meines Erachtens für Ammotec ganz grosse Chancen. Wir als Schweizer Mitinvestoren wollen gezielt auf die Schweizer Bedürfnisse Acht geben und diese sicherstellen. In der Kombination ist das eine runde Sache.

Können Sie die Hand ins Feuer legen, dass Munition aus Schweizer Produktion über die neuen Besitzer nicht an Orte gelangt, die ein Problem darstellen?

Man kann nur alles Erdenkliche tun, dass es nicht dazu kommt. Als Mitglied im Verwaltungsrat käme uns die Rolle der aktiven Mitgestaltung und Kontrolle zu.

Können Sie sicherstellen, dass der Produktionsstandort in Thun erhalten bleibt? Gibt es Garantien?

Diese Frage bezieht sich auf vertrauliche Details des Bieterverfahrens. Sie können aber davon ausgehen, dass dies für mich ein essenzielles Thema ist.

Sehen Sie Chancen für Ammotec?

Ich bin überzeugt, dass CZG und Ammotec gegenseitig profitieren können. Potenzial sehe ich beim Wachstum und speziell der engeren Verzahnung der Entwicklung von Waffensystemen und neuer Munition. Das ist ein Gebiet, das für den Standort hochinteressant werden könnte. Wenn Sie einen Standort langfristig sichern wollen, muss er innovativ bleiben. Wenn er das nicht kann, wird er einfach eine Fabrik und produziert Massenware. CZG möchte eine Qualitätsproduktion haben und keine Billigproduktion. Thun tut heute und soll auch zukünftig deutlich mehr tun, als nur zu produzieren.

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