Annus Horribilis der Credit Suisse
Die Grossbank hat es verpasst, in einem ihrer schlimmsten Jahre mit einem Bonusstopp für Investmentbanker ein klares Zeichen zu setzen. Zudem: Für die profitabelste Einheit geht ohnehin meist leer aus.
11. Februar 2022 • Beat Schmid

Zuletzt sprach man 2008 von einem Annus Horribilis. Damals war die UBS gemeint, die vom Staat gerettet werden musste, weil sie sich in den USA mit Subprime-Hypotheken verspekuliert hatte.

Jetzt taucht das Wort in Zusammenhang mit der Credit Suisse wieder auf. Heute wie damals gehen die Wogen hoch, weil die Bank trotz desaströsen Geschäftszahlen ihren Angestellten einen Bonus gewähren will.

Bei der Credit Suisse geht es um einen Topf von zwei Milliarden Franken. Viele Bobachter und die Bankleitung argumentieren, dass man Boni zahlen müsse, um die besten Mitarbeiter zu halten. Man zahlt, um die Leute bei Laune zu halten. «To keep employees happy.»

Diese Sicht ist falsch. Um zu diesem Schluss zu kommen, braucht es keine hochfliegenden Argumente. Die Antwort liefert die Bank selbst: Die besten Mitarbeiter der Credit Suisse arbeiten in der Schweiz.

Die Swiss Universal Bank ist eine Perle im Vergleich zum Rest. Das Kostenertragsverhältnis liegt bei 56 Prozent. Das ist ein Wert, den man im Vergleich zum Wealth Management oder der Investmentbank ohne zu übertreiben als sensationell bezeichnen kann. Der Vorsteuergewinn stieg letztes Jahr auf 2,7 Milliarden Franken.

«Die wertvollsten Mitarbeiter der Bank werden seit Jahren übergangen bei der jährlichen Bonusverteilerei»

Doch diese wertvollsten Mitarbeiter der Bank werden seit Jahren übergangen bei der jährlichen Bonusverteilerei. Für die allermeisten Beschäftigen bedeutet der Bonus nicht mehr als einen zusätzlichen Monatslohn.

Die grossen Bonusnehmer arbeiten nicht für das hochprofitable Schweizer Kerngeschäft. Sie sitzen in anderen Abteilungen: Im Wealth Management, im Investmentbanking oder im Asset Management. In jenen Abteilungen also, wo regelmässig die grössten Fehler begangen werden. So auch im Fall von Greensill und Archegos. Die Investmentbank allein schrieb 2021 einen Verlust von 3,9 Milliarden Franken.

Zudem: Die grössten Bonusbezüger der Bank bewegen sich auf den oberen Sprossen der Hierarchieleiter. Es sind die Managing Directors, die zu ihren üppigen Grundsalären zum Teil nochmals mehrere 100’000 Franken als Bonus obendrauf bekommen. Für sie wäre ein «Opfer» finanziell verkraftbar. Ab Stufe der Managing Directors werden auch die grössten und teuersten Fehler begangen.

Von der Aussenperspektive ist es kaum vermittelbar, dass die Credit Suisse angesichts eines Reinverlusts von zwei Milliarden Franken ihren auf Rosen gebetteten Kaderleuten einen Bonus zahlt. Würde ein x-beliebiges Unternehmen, das einen Kredit bei der CS ausstehen hat, derart schlechte Zahlen schreiben, schritten die Kreditoffiziere der Bank sofort ein und würden das Management unmissverständlich auffordern, die Boni zu streichen.