Blauäugige Buchprüferin?
Nur 24 Stunden vor den ersten Gesprächen mit der UBS gab die Buchprüfungsfirma eine positive Einschätzung zur Lage der Credit Suisse ab.
8. Mai 2023 • Beat Schmid
Die Buchprüfungsfirma PWC ist seit Ende 2020 externe Revisionsstelle der Credit Suisse. Wie Recherchen zeigen, erzielte sie der Grossbank kurz vor dem Zusammenbruch das sogenannte “going Concern” – das heisst: PWC sah es als wahrscheinlich an, dass die Fortführbarkeit der Geschäfte bei der CS gegeben ist. Grünes Licht gab die Buchprüferin konkret mit der Publikation des Jahresberichts beziehungsweise des darin enthaltenen Testats, das von Matthew Falconer, dem Global Lead Partner von PWC und verantwortlichen Buchprüfer der CS, sowie von einem weiteren PWC-Experten unterschrieben wurde.
PWC – oder PricewaterhouseCoopers – gehört mit Deloitte, EY und KPMG zu den sogenannten Big Four, den vier grössten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften der Welt. PWC hat ihren Sitz in London und zählt weltweit 328’000 Mitarbeitende. In der Schweiz operiert die Gesellschaft von Zürich-Oerlikon aus.
Auf Seite 4 im Audit-Report von PWC heisst es: “Our conclusions are based on the audit evidence obtained up to the date of our auditor’s report.” Übersetzt auf Buchhalterdeutsch: “Unsere Schlussfolgerungen beruhen auf den bis zum Datum unseres Bestätigungsvermerks erlangten Prüfungsnachweisen.”
Brisant ist das Datum, an dem die beiden Experten den Audit-Report unterschrieben haben. Es ist der Dienstag, 14. März. Nur einen Tag später, am Mittwochnachmittag, kam es zu einem ersten Treffen zur schwierigen Lage der Credit Suisse zwischen Vertretern der Schweizer Regierung, der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der Finma mit Colm Kelleher, dem Präsidenten der UBS.
Das geht aus einem diese Woche veröffentlichten Dokument der UBS zuhanden der US-Börsenaufsicht hervor. An diesem Treffen wurde vereinbart, dass bis zum “Ende des Wochenendes entschiedene Massnahmen” in Bezug auf die Credit Suisse ergriffen werden müssen.
Am Mittwochabend gaben zudem die SNB und die Finma in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass die SNB der CS im “Bedarfsfall” Liquidität zur Verfügung stellen werde. In der Nacht auf Donnerstag war es dann bereits so weit: Um 01.49 Uhr verschickte die Bank eine Mitteilung, wonach sie beabsichtige, bis zu 50 Milliarden Franken Notliquidität von der Nationalbank zu beziehen.