CS-Grossinvestor
Der einst grösste Aktionär der Grossbank hat die Reissleine gezogen und alle Aktien verkauft. “Die Credit Suisse ist seit vielen Jahren ein Zeit- und Werteverschwender”, sagte er in einem Interview.
6. März 2023 • Beat Schmid

Das US-Investmentunternehmen Harris Associates hat alle Aktien der Credit Suisse verkauft, sagte Chief Investment Officer David Herro der FT. Noch letztes Jahr kam Harris auf einen Anteil von bis zu 10 Prozent. Als die CS im letzten Herbst eine Kapitalerhöhung über vier Milliarden Franken durchführte und die Saudi National Bank zur grössten Aktionärin aufstieg, reduzierte Harris seine Position. Jetzt ist der Investor komplett ausgestiegen.

“Es stellen sich die Fragen nach der Zukunftstauglichkeit der Franchise. Es hat grosse Abflüsse aus dem Wealth Management gegeben”, sagte Herro. Im vierten Quartal haben Kunden Gelder in der Höhe von 110,5 Milliarden Franken abgezogen. “Wir haben viele andere Möglichkeiten, zu investieren”, sagte er weiter. Steigende Zinssätze bedeuten, dass viele europäische Finanzinstitute sich positiv entwickeln werden. “Warum sollte man in etwas investieren, das Kapital verbrennt, wenn der Rest der Branche jetzt Geld verdient?”

Harris besitzt immer noch Aktien von mehreren europäischen Finanzinstituten, darunter die Lloyds Banking Group, Intesa Sanpaolo, BNP Paribas, Julius Baer und Allianz. Herro ist zuversichtlicher, was deren Aussichten angeht, da steigende Zinssätze ihre Kreditmargen, ihre Rentabilität und ihre Fähigkeit, Dividenden zu zahlen und Aktien zurückzukaufen, erhöhen.

Herro überzeugt den Restrukturierungsplan nicht

Herro ist nicht überzeugt, dass der Restrukturierungsplan von CS-Präsident Axel Lehmann und CEO Ulrich Körner aufgeht. Besonders frustriert scheint er vor allem über die Kosten und die mangelnde Transparenz der Ausgliederung des Investmentbankings mit dem ehemaligen CS-Verwaltungsrat Michael Klein zu sein.

“Wir sind der Meinung, dass der Plan zur Umstrukturierung der Investmentbank zwar eine gute Sache ist, aber schwerfällig und in Bezug auf den Cash-Burn weitaus kostspieliger ist, als wir erwartet haben”, sagte Herro. Ebenfalls negativ beurteilt er den Verkauf des Geschäfts mit verbrieften Produkten an die Private-Equity-Gruppe Apollo.

Herro war einer der wenigen Grossaktionäre, der sich immer wieder zur Bank geäussert hat. Oftmals drang er mit seinen Forderungen nicht durch. So hat er sich vergeblich dafür eingesetzt, den ehemaligen CEO Tidjane Thiam zu halten und Präsident Urs Rohner in die Wüste zu schicken.

Harris kaufte 2002 erstmals CS-Aktien zu einem Preis von weniger als 30 Franken und verkaufte sie vor der Finanzkrise 2008 zu Preisen zwischen 60 und 70 Franken. Im Jahr 2009, als der Kurs auf etwa 23 Franken gefallen war, kaufte sich der Investor wieder ein. Die Aktien stiegen bis auf 56 Franken – doch seither sind sie nur noch gefallen. Im Mai 2012 besass Harris 37 Millionen Aktien, die damals knapp über 600 Millionen wert waren. Heute würde das Paket mit 100 Millionen Franken bewertet.

Nach einer Reihe von Negativnews tauchten die Aktien der CS letzten Donnerstag auf ein neues Allzeittief von 2,52 Franken. Die Aktie hat in den letzten zwei Jahren 77 Prozent an Wert verloren.

CS vermieste die Performance

Die CS habe die Performance der Harris-Fonds “erheblich beeinträchtigt”, sagte Herro zur FT. Man könne nicht jedes Mal gewinnen – das gehöre zum Geschäft. “Wir treffen uns mit jedem Unternehmen, an dem wir beteiligt sind. Aber wir verbringen viel mehr Zeit mit den Sorgenkindern. Die Credit Suisse ist seit vielen Jahren ein Zeit- und Werteverschwender”, sagte Herro.

Die beiden grössten Aktionäre der Credit Suisse sind heute die Saudi National Bank, die im Rahmen der Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr einen Anteil von 10 Prozent erwarb, und die Qatar Investment Authority, die ihren Anteil gleichzeitig auf 7 Prozent erhöhte.

Andere US-Investoren, die ihre Anteile reduziert haben, sind der in San Francisco ansässige Vermögensverwalter Dodge & Cox, der seine Position von 5,11 Prozent Ende 2020 auf bei 3,1 Prozent reduziert hat. Artisan Partners, die letztes Jahr noch zu den fünf grössten Aktionären gehörte, hat sich in den letzten sechs Monaten vollständig ausgestiegen.

Die angeschossene CS sagte gegenüber der FT, wonach man sich “voll und ganz auf die erfolgreiche Umsetzung unseres Plans und die Erreichung unserer Ziele” konzentriere. Das soll sicherzustellen, dass die neue Credit Suisse “nachhaltigen Wert für alle unsere Stakeholder schafft”.

MEHR ZUM THEMA


6,5 Prozent Lockvogel-Zins: CS-Aktien stürzen auf ein neues Allzeittief ab

Die Credit Suisse will mit einem horrenden Zins Kundengelder in die Bank holen. Die verzweifelte Aktion lässt die Aktie auf ein neues Allzeittief abstürzen.
2. März 2023

Warum die Finma-Untersuchung Axel Lehmann zum Verhängnis werden könnte

Seine beschönigenden Aussagen haben ein Nachspiel. Sie könnten dem CS-Verwaltungsratspräsidenten den Job kosten. Ein Kommentar.
22. Februar 2023

Der letzte Tango in New York

Grossaktionär David Herro verlangt von der CS-Führung, dass sie die Problemsparte Investmentbanking sofort in Ordnung bringt, sonst müsse sie verkauft werden. Er hat recht. Ein Kommentar.
22. August 2022

David Herro gibt sich plötzlich kleinlaut

Der Partner von CS-Grossaktionär Harris Associates äussert sich zur CEO-Frage. Er sagt auch, dass es ein Fehler war, die Aktien nicht schon früher verkauft zu haben.
25. Mai 2022