"Bad Apples" aussortieren
Lange hofften Asset-Manager und Banken, dass sie mit einer Selbstregulierung die Problematik in den Griff bekommen. Doch jetzt zeigt sich: Bei der Bekämpfung von Greenwashing wird die Regierung die Federführung übernehmen.
7. Oktober 2022 • Beat Schmid

Bundesrat Ueli Maurer gab der Finanzbranche viel Zeit, um wirkungsvolle Mittel gegen Greenwashing zu entwickeln. Doch jetzt ist der Bundesrat selbst in dieser Sache aktiv geworden. Das sagte Finma-Chef Urban Angehrn in einer Rede an der Jahreskonferenz der Asset-Management-Branche in Bern, die letzte Woche stattfand.

Damit wird klar, dass die bisherigen Bemühungen der Finanzbranche im Bereich der Selbstregulierungen nicht ausreichend sind. Die Bankiervereinigung und die Asset Management Association Switzerland (AMAS) haben in den letzten Monaten ihre Lösungen präsentiert, die sie mit ihren Mitgliedern erarbeitet haben. Die AMAS stellte Ende September ihren Vier-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Greenwashing vor.

Die freie Selbstregulierung als ersten Schritt

Unter anderem hielt der Verband fest, dass Ausschluss oder ESG-Integration allein als Anlageansätze nicht mehr genügen würden, um einen Fonds als nachhaltig bezeichnen zu dürfen. Dies wiederum führt dazu, dass Fondsvolumen im Umfang von bis zu 100 Milliarden Franken nicht mehr als nachhaltig oder sustainable bezeichnet werden dürfen.

Zwei Selbstregulierungen präsentierte die Bankiervereinigung Ende Juli. Die eine formulierte verbindliche Vorgaben sowohl für den Einbezug von Nachhaltigkeits-Kriterien in der Anlageberatung und Vermögensverwaltung. Die andere betrifft die Thematisierung der Energieeffizienz im Rahmen der Hypothekarberatung.

Damals bezeichnete Bankiervereinigung die freie Selbstregulierung als einen ersten Schritt. Wenn sie ergänzt und weiterentwickelt wird, könnte daraus einst eine anerkannte Form der Selbstregulierung werden, sagte August Benz, der stellvertretende CEO der Bankiervereinigung damals. Das würde bedeuten, dass die Finma diese als Mindeststandard im Rahmen ihrer Aufsichtsbefugnisse anerkennen würde.

Angehrn: “Ein gesetzlicher Rahmen ist vonnöten”

Finma-Chef Urban Angehrn gab dazu nun erstmals eine Einschätzung ab: “Die freien Selbstregulierungen, die seitens Branchenvertreter erarbeitet wurden, begrüssen wir sehr.” Diese würden in die richtige Richtung gehen. “Ergänzend ist unseres Erachtens aber ein gesetzlicher Rahmen vonnöten, der für alle Sektoren der Finanzindustrie gilt und aufsichtsrechtlich durchsetzbar ist.”

Konkret bestehe aus Optik der Finma “Regulierungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der Pflichten am Point of Sale sowie der Produktetransparenz”. “Der Bundesrat wird bis Ende Jahr über den Regulierungsbedarf zur Greenwashing-Prävention entscheiden”, sagte er.

In die gleiche Kerbe wie ihr Chef schlug auch Johanna Preisig, Geschäftsleitungsmitglied und Leiterin des Geschäftsbereichs Strategische Grundlagen der Finma, an der Building-Bridges-Konferenz, die diese Woche in Genf stattfand. Auf einem Greenwashing-Panel sagte sie, dass “Kampf gegen Greenwashing viel wirkungsvoller sein könnte”.

Sie sagte, dass Regulierungen im Bereich der “vorvertraglichen Transparenz” einen grossen Einfluss hätten. In Prospekten, Verträgen, aber auch in Jahres- oder Halbjahresberichten sollten die Offenlegungspflichten verschärft werden. Sie sagte, dass die Selbstregulierungen der Branche in die richtige Richtung gehen würden, sie aber “keinen Ersatz für staatliche Regeln” seien.

“Bad Apples” aussortieren

Finma-Chef Angehrn hat klare Vorstellungen von einem Fonds mit Nachhaltigkeitsbezug, wie in seiner Rede bei der AMAS in Bern zu erkennen gab. Wenn beispielsweise ein Produkt im Namen Bezeichnungen wie “ESG”, “nachhaltig”, “grün” oder “Impact” enthalte, werde der Eindruck geweckt, dass es nachhaltig sei, sagte er. Was daher bei solchen Fonds bezogen auf die Nachhaltigkeit konkret gemacht werde, müsse in den Fondsdokumenten auch “transparent offengelegt” und im “Genehmigungsgesuch erläutert” werden.

“Die Finma schaut sich dies genau an, bevor sie einen Fonds genehmigt”, sagte Angehrn. Dabei beseitigen wir die "bad apples", meinte er. Der Finma-Chef sagte auch, dass seine Behörde seit 2021 bei Asset-Managern und Fondsleitungen vermehrt Vorort-Kontrollen zum Thema Nachhaltigkeit durchführe.

“Ein fundamentaler Mangel an Transparenz”

Für Angehrn ist klar: Eine Regulierung zur Eindämmung von Greenwashing sei wichtig, um die Problematik effizient bekämpfen und international Schritt halten zu können. Dies schützt einerseits die Kundinnen und Anleger.

“Andererseits fördern eine Regulierung und konsequente Aufsicht im Bereich Sustainable Finance den guten Ruf des Schweizer Finanzplatzes”, sagte er. Dies unterstützt die Wertschöpfung in diesem Wachstumssegment. Sustainable Finance und Greenwashing sind Themen, die sich kontinuierlich weiterentwickeln und sowohl Sie als auch uns noch längerfristig weiterbeschäftigen werden.

Johanna Preisig sagte in Genf, dass Greenwashing ein “kritisches Thema” für die Finma sei. In Markt gebe es klare Fälle und in gewissen Fällen auch einen “fundamentalen Mangel an Transparenz”.

MEHR ZUM THEMA


Anlagefonds und Mandate mit einem Volumen von über 100 Milliarden Franken verlieren Nachhaltigkeitslabel

Der Verband Asset Management Association Switzerland hat eine neue Selbstregulierung im Bereich Sustainable Finance geschaffen. Schon bald dürfen viele Anlagefonds nicht mehr als grün bezeichnet werden.
28. September 2022

Die Schweizer Asset-Management-Branche definiert “Nachhaltigkeit” von Finanzprodukten

Wann darf an Fonds als nachhaltig bezeichnet werden? Der Verband Asset Management Association Switzerland stellt dazu erstmals verbindliche Regeln auf.
26. September 2022

Langer Weg zur Regulierung von “Sustainable Finance”

Bankiervereinigung führt eine Selbstregulierung im Bereich nachhaltige Anlagen und Wohnbaufinanzierung ein. Doch von einer umfassenden Regulierung ist die Branche noch weit entfernt.
28. Juni 2022