Software auf 8 Milliarden aufgewertet
Das einst stolze Immobilienportfolio der Grossbank schrumpfte 2021 auf eine Milliarde Franken zusammen. Der bröckelnde Besitz ist ein starker Beleg für eine Geschäftspolitik, die nicht nachhaltig ist.
15. März 2022 • Beat Schmid

Im aktuellen Geschäftsbericht steht es auf Seite 331: Die Credit Suisse besitzt eigene Gebäude im Wert 1,1 Milliarden Franken. Im Jahr zuvor waren es noch 1,425 Milliarden. Die Bank hat 2021 also Immobilien für über 320 Millionen Franken verkauft. Dazu kommen noch Landverkäufe im Umfang von 50 Millionen Franken.

Das macht zusammen über 370 Millionen Franken. Damit hat die Bank sogar noch mehr eigene Liegenschaften und Land verkauft, als sie anlässlich ihrer Gewinnwarnung Ende Januar 2022 bekannt gab. Damals teilte die CS mit, dass sie Gebäude im Wert von 225 Millionen Franken verkauft habe, um einen Grossabschreiber in der Investmentbank teilweise kompensieren zu können.

Der Hauptsitz und das Savoy gelten als unverkäuflich

Wie in jedem Haushalt, der sein Tafelsilber verscherbelt, sind auch bei der Credit Suisse irgendwann alle Schubladen, Schränke und Truhen leergeräumt. Es ist zu vermuten, dass die Bank inzwischen bis auf den Hauptsitz am Paradeplatz und das Hotel Savoy, das sich schräg vis-a-vis befindet, mehr oder weniger alle bedeutenden Gebäude abgestossen hat. Ein Bank-Sprecher will sich zum aktuellen Immobilienbesitz der Bank nicht näher äussern.

Grundsätzlich spielt es keine Rolle, wenn ein Unternehmen seine Immobilien verkauft und die Flächen zur Nutzung zum Teil wieder zurückmietet, wie das die CS nach Verkäufen oftmals macht. Entscheid ist, was mit den Erlösen aus den Verkäufen geschieht. Werden sie als Investition für die Zukunft genutzt oder einfach nur, um Löcher in der Bilanz zu stopfen? Bei der Credit Suisse ist Letzteres der Fall. Die Bank zehrt von ihrer Substanz.

Für die grössten Finanzlöcher hat in den letzten Jahren vor allem das Investmentbanking gesorgt. Der Archegos-Skandal verursachte 2021 einen Verlust von über vier Milliarden Franken. Dazu kam ein Abschreiber von 1,5 Milliarden, der auf die Akquisition der US-Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ) im Jahr 2000 zurückgeht.

Für die CS ist diese Schrumpfung nicht ungefährlich. In einem weiteren Krisenfall ist schlicht mehr nichts übrig, dass sie verkaufen könnte. Der Hauptsitz und das Hotel Savoy gelten Bank-intern als unverkäuflich. Was macht die CS, wenn die Weltwirtschaft durch die Isolation Russlands in eine tiefe Rezession fällt? Und die Bank grosse Verluste schreibt? Schnell ein paar Liegenschaften veräussern, geht dann nicht mehr.

Die Bank zehrt von der Substanz

Vor zehn Jahren war das Portfolio viermal so viel wert – nämlich knapp fünf Milliarden Franken. Seither hat sich die CS von Immobilien getrennt, die ihr zum Teil seit Bestehen gehören oder in deren Besitz sie durch Übernahmen kam.

2011 verkaufte sie den ehemaligen Hauptsitz der Volksbank an der Bahnhofstrasse. Ein Jahr später folgte der riesige Uetlihof für eine Milliarde. Dann kamen der Leuenhof (2014 für 346 Millionen), der angrenzende Peterhof (2016 für 400 Millionen an Swatch) und 2019 grosse Standorte in Basel (St. Alban-Graben) und Genf (Rue des Lausanne).

Immer dann, wenn die Bank schlechte Geschäfte macht, müssen die Immobilen dran glauben. Das machte sie bereits in früheren Krisen, wie sich an der Grafik ablesen lässt. Dort, wo die blaue Kurve einen Knick macht, verkaufte die Bank den Uetlihof.

CS wertete Software auf acht Milliarden auf

Interessant ist auch eine weitere Zahl auf Seite 331 des Geschäftsberichts. Da ist nachzulesen, dass die Credit Suisse Software im Wert von 8,1 Milliarden Franken bilanziert hat, ein Plus von über einer Milliarde gegenüber dem Vorjahr. Die CS will auf Anfrage nicht erklären, wie die Wertsteigerung zustande kam.

Auffallend ist, dass der Wert der Software gegenüber 2008 um sechs Milliarden zunahm. Damals war die Software in den Büchern noch halb so viel wert wie die Immobilien. Die Verhältnisse haben sich ab 2014 umgekehrt. Heute ist die Software mit einem achtmal höheren Wert bilanziert.

Was taugen Applikationen und Programme im Krisenfall? Nichts. Die Bank braucht die Software, um ihr Geschäft zu betreiben, doch um Verluste auszugleichen, dafür ist die beste und teuerste Software nicht zu gebrauchen. Würde die CS sie verkaufen wollen, könnte sie die Bank gleich mit dazugeben.