Umgehungsgeschäfte mit Bitcoin
Der Bund sieht Schweizer Handelsplätze in der Pflicht, keine Geschäfte mit sanktionierten Firmen und Personen aus Russland zu tätigen. Doch Umgehungsmöglichkeiten bleiben bestehen. Das geben auch die Behörden zu.
3. März 2022 • Beat Schmid

Für das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) ist klar, auch Schweizer Kryptobörsen müssen sich an die geltenden Sanktionen gegen russische Firmen und Personen halten. Genauso wie dies auch andere Finanzdienstleiter wie Banken tun, sagt Mario Tuor, der Sprecher des SIF.

Damit soll verhindert werden, dass Handelsplätze für Kryptowährungen für Umgehungsgeschäfte mit digitalem Geld missbraucht werden können. Für einen Russen, der auf einer Sanktionsliste geführt ist, soll es beispielsweise nicht möglich sein, Vermögenswerte von Russland via Bitcoins in die Schweiz zu transferieren und diese hier in Franken oder Dollars umzutauschen. Auch in der umgekehrten Richtung versperren Sanktionen den Weg.

Einschränkungen gegen Kryptos greifen nicht überall

Allerdings greifen die Sanktionen laut Tuor nur dort, wo Kryptowährungen in herkömmliche Währungen umgetauscht werden. Der Staat kann also nur an den Ein- und Ausgängen des Kryptouniversums eingreifen. Wenn jedoch sanktionierte Personen untereinander oder mit Dritten Bitcoins oder andere Kryptos austauschen, seien den Behörden die Hände gebunden, sagt Tuor vom SIF.

Wenn zum Beispiel ein Oligarch seinen Bentley verkaufen möchte, kann er sich das Geld via Bitcoins auf sein Wallet schicken lassen. Eine solche Transaktion hätte den Charakter einer Cash-Zahlung, die der Staat ja auch nicht überwachen könne, sagt Tuor. Der Aufbau eines “Peer-to-Peer Electronic Cash System” war der Grundgedanke von Bitcoin, wie im Papier von Satoshi Nakamotos nachzulesen ist.

In dieses System einzudringen ist für Regulatoren schwierig. Es gibt unzählige Apps und Hardware-Wallets, mit denen Kryptowährungen aufbewahrt und verschickt werden können. Wenn jemand anonym Vermögenswerte austauschen möchte, findet er Wege und Mittel dazu.

EU will handeln, scheint aber ratlos

Ihre Machtlosigkeit gegenüber Kryptotransaktionen zeigten auch die EU-Finanzminister an einem Treffen am Mittwoch. Der französische Finanzminister Bruno Le Maire sagte danach, dass nun Schritte erwägt würden, die Effektivität der Sanktionen zu erhöhen, um insbesondere Umgehungen mit Kryptowährungen zu verunmöglichen. Die EU-Kommission sei jetzt gefordert, sich Massnahmen auszudenken. Auch EZB-Chefin Christine Lagarde setzte einen Appell ab. Doch wie genau gehandelt werden soll, bleibt unklar.

Die gleiche Rastlosigkeit macht sich auch auf der anderen Seite des Atlantiks bemerkbar. Viele Politiker wie die demokratische US-Senatorin Elizabeth Warren wollen zwar handeln, doch es fehlt ein Ansatzpunkt.

Etliche Kryptohandelsplätze haben zwar versprochen, sich den Sanktionen anzuschliessen, doch die meisten lehnen einen kompletten Ausschluss von Russland ab. Changpeng Zhao, der Chef von Binance, sagte der BBC, dass Individuen, die die Sanktionen umgehen wollen, immer verschiedene Optionen hätten. “Man könne Cash benutzen, Diamanten, Gold. Ich glaube nicht, dass an Kryptos irgendwas Spezielles sein soll.”

Bitcoin-Kurs zeigte diese Woche steil nach oben

Die Nutzung von digitalen Währungen habe in den letzten Tagen zugenommen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in einem Interview mit der “Financial Times”. Tatsächlich zeigt der Kurs des Bitcoins seit Montag steil nach oben. Unmittelbar nach Ausbruch der Kriegshandlungen brach die Währung noch stark ein, was viele Beobachter als Zeichen deuteten, dass Bitcoins im Unterschied zu Gold als Krisenschutz nichts taugen würden. Nach der starken Erholung spricht plötzlich niemand mehr darüber.

Bitcoin Suisse richtet Taskfoce ein

In der Schweiz betreiben unter anderem Bitcoin Suisse und Swissquote Handelsplätze für den Tausch von digitalen Währungen. Sie bieten auch Dienstleistungen für die Verwahrung von Kryptos an. Können die Plattformen verhindern, dass sie für Transaktionen genutzt werden, die in Zusammenhang mit Unternehmen oder Personen stehen, die auf den Sanktionslisten genannt werden?

Eine Bitcoin-Suisse-Sprecherin schreibt: "Wir haben eine Task Force eingerichtet, die fortwährend die Entwicklung und Implementierung der Sanktionsvorschriften sicherstellt." Transaktionen der Kunden würden laufend überwacht und bei Bedarf behalte sich Bitcoin Suisse geeignete weitere Massnahmen vor. "Zu einzelnen Aktivitäten oder Kunden können wir uns nicht äussern", schreibt sie.

Swissquote schreibt in einem Statement: "Wir wenden sehr strenge Verfahren an, die sicherstellen, dass Überweisungen nur von und an Kunden der Bank ausgeführt werden und verfügen über alle notwendigen Systeme, um potenziell sanktionierte Personen, Einrichtungen und Kryptowährungsadressen zu erkennen."

3.3.2022, 16:34 Uhr: Der Text wurde mit einem Quote von Swissquote ergänzt. 17.43 Uhr: Ergänzt um die Stellungnahme von Bitcoin Suisse.