Finma wird aktiv
“They have stopped”, sagte CS-Präsident Axel Lehmann zu den Geldabflüssen im Dezember. Weil das nicht stimmte, soll die Schweizer Finanzmarktaufsicht die Grossbank kontaktiert haben.
21. Februar 2023 • Beat Schmid

Es ist folgerichtig, dass die Finanzmarktaufsicht den missglückten Aussagen des CS-Präsidenten nachgeht. Wie Tippinpoint vor einer Woche im Detail nachzeichnete, sagte Axel Lehmann in Interviews mehrfach, dass die Abflüsse der Bank zum praktisch zum Erliegen gekommen seien.

Sehr deutlich wurde er in einem Interview bei Bloomberg-TV. Befragt von Francine Lacqua sagte er an einer Stelle, dass die Abflüsse “im Grunde aufgehört” haben – “they have basically stopped”. An anderer Stelle sagte er auf Englisch: “What we saw were two, three weeks in October – dann sagte er “wumm” und machte eine Handbewegung nach unten –, “since then they have been flattening out, they have stopped, and they are gradually coming back, particularly in Switzerland.”

Drei Tage später doppelte Lehmann in der Schweiz nach. Im Interview mit Eco des Schweizer Fernsehens sagte er zum Geldabfluss: “Es hat sich absolut stabilisiert… Es kommt zurück, es geht wieder zurück, es geht wieder ein wenig rauf. Dann gehen Sie in die Kapitalerhöhung, wo Sie massive Verwässerung haben, dann haben sie Verunsicherung, dann gibt es eine höhere Volatilität. Aber ich glaube, es hat sich seit Ende letzter Woche stabilisiert.”

Die Ernüchterung kam mit den Quartalszahlen

Die positiven Botschaften waren nicht ohne Folge. Besonders das Interview mit Bloomberg hatte einen direkten Effekt. Agenturen schrieben, dass die CS die Abflüsse “stoppen” konnte. An dem Tag des Interviews schnellten die Aktien der Credit Suisse um bis zu 10 Prozent nach oben.

Die Ernüchterung kam vorletzte Woche, als die Bank die Resultate für das vierte Quartal veröffentlichte. Da zeigte sich, dass die Geldabflüsse doch nicht so schnell gestoppt werden konnten, wie Lehmann behauptete. Sie gingen effektiv weiter.

Insgesamt kamen nochmals 27 Milliarden Franken dazu. Der Bank flossen zwischen Oktober und Dezember 110,5 Milliarden Franken an Kundengeldern ab. Allein im Wealth Management gab es Nettoabflüsse von 92,7 Milliarden Franken, also 30 Milliarden mehr als am 23. November bekanntgegeben. Der Aktien brach um über 15 Prozent ein.

Wurde Lehmann falsch informiert?

Wie Reuters schreibt, wollte die Finma klären, was der Wissensstand von Lehmann war, als er Anfang Dezember sagte, dass die Abflüsse von verwalteten Vermögen zum Erliegen gekommen seien. Dem Vernehmen nach soll es sich noch nicht um eine formelle Untersuchung handeln. Laut der Agentur gibt Hinweise, dass Lehmann intern nicht richtig informiert worden sei.

Das wäre erstaunlich, denn als Präsident sollte er jederzeit über die wichtigsten Kennzahlen der Bank informiert sein. Über das sogenannte Cockpit sollte er jederzeit direkten Zugriff auf alle wichtigen Geld- und Ertragsströme der Bank haben.

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