COP27
Laut einer Studie von Public Eye finanzieren Credit Suisse und UBS den Kohlehandel von Trafigura und Co. mit Milliardenkrediten. Aber auch die ZKB und Westschweizer Kantonalbanken sind aktiv im Kohlegeschäft.
6. November 2022 • Beat Schmid

Das Geschäft mit der Kohle boomt. Letztes Jahr an der COP26 in Glasgow haben sich die Länder dazu durchgerungen, die Kohle auslaufen zu lassen. Jetzt stellt man fest, dass soviel Kohle gefördert wird wie noch nie. Selbst Deutschland, das sich gerne als Klimamusterknaben sieht, stellt auf die Verstromung von Kohle um. Das hindert Bundeskanzler Olaf Scholz freilich nicht daran, das Ziel seiner Regierung zu bekräftigen, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werde.

Die Realität sieht anders aus. In diesem Jahr werden voraussichtlich erstmals mehr als 8 Milliarden Tonnen Kohle gefördert – so viel wie überhaupt noch nie. Und dies bei steigenden Kohlepreisen. Auch der Kohlehandel profitiert von der steigenden Nachfrage des schwarzen Goldes. Unternehmen wie Glencore erzielten mit dem Kohlehandel so hohe Gewinne wie seit Jahren nicht mehr.

Pünktlich zum Start der Uno-Klimakonferenz COP27 in Sharm el Sheikh hat die Organisation Public Eye eine Studie veröffentlicht, die den Fussabdruck der Schweiz im internationalen Kohlehandel ausmisst. So sollen rund 40 Prozent des globalen Kohlehandels über die Schweiz abgewickelt werden. Die Emissionen, die bei der Förderung, dem Transport und der Umwandlung in Strom anfallen, beliefen sich auf fast 5,4 Milliarden Tonnen CO₂, rechnet Public Eye hoch. Dies würde die jährlichen Emissionen der USA übersteigen.

Gestützt auf das Handelsregister geht Public Eye davon aus, dass in der Schweiz 245 Firmen im Handel und in der Förderung von Kohle tätig sind. Diese befinden sich vor allem in Genf, Zug und im Tessin.

Wenig überraschend nimmt in der Studie auch der Finanzplatz einen prominenten Platz ein. Laut der Recherche von Public Eye, die auf Daten des niederländischen Forschungsinstituts Profundo beruht, haben Schweizer Banken seit dem Pariser Abkommen fast 3,15 Milliarden US-Dollar an die Schweizer Kohleindustrie verliehen. Die meisten Mittel sind Unternehmen wie Trafigura und Glencore sowie die russischen Bergbauunternehmen Sibanthracite und Suek, die Sitze in der Schweiz haben.

Die Finanzierung des Kohlehandels habe sich seit 2016 sogar beschleunigt – wenn man das Jahr 2021 ausklammere, das durch den wirtschaftlichen Abschwung aufgrund der Covid-19-Pandemie gekennzeichnet war, schreibt die Organisation. Zwischen 2016 und 2020 stiegen die jährlich beanspruchten Summen um 72 Prozent.

Die Schweizer Banken stehen weltweit auf Platz zehn der Kohlegeldgeber. In der Zeit zwischen dem Pariser Abkommen und September 2022 habe die Schweizer Kohleindustrie von französischen, japanischen, US-amerikanischen, russischen oder Schweizer Banken insgesamt 72,9 Milliarden US-Dollar erhalten.

Auf Platz eins der Kohlefinanzierer steht gemäss der Studie die Credit Suisse. Die zweitgrösste Bank des Landes stellte allein mehr als die Hälfte der Schweizer Gelder für den Kohlemarkt zur Verfügung. Die CS wird gefolgt von der UBS. Ebenfalls gross im Geschäft sind die Zürcher Kantonalbank, die Waadtländer und die Genfer Kantonalbank.

Die Finanzierungen würden zu 90 Prozent über Firmenkredite erfolgen. Der Rest wird über die Platzierung von Anleihen finanziert. Laut dem NGO Reclaim Finance hätte diese Form der indirekten Finanzierung zwischen 2016 und 2021 um 246 Prozent zugenommen.

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