Kreative Ideen
Banker der Krisenabteilung sollen zu Mitbesitzern werden. Das schwebt offenbar CS-Verwaltungsräten vor. Ein solcher Schritt würde einige Vorteile bringen – in der Theorie.
13. September 2022 • Beat Schmid

Ende Oktober spätestens will die Credit Suisse ihre Pläne vorstellen, wie sie mit der Problemabteilung Investmentbank verfahren will. Ein Ausschuss des Verwaltungsrats prüft derzeit verschiedene Varianten. Wie Bloomberg berichtet, wird dabei auch die Idee gewälzt, Schlüsselmitarbeiter zu Miteigentümern der Investmentbank zu machen.

Diese Option sei bei einer Konferenz des globalen Top-Managements der Investmentbank von den Verwaltungsratsmitgliedern Blythe Masters und Michael Klein erwähnt worden. Die beiden gehören dem Verwaltungsratsausschuss an. Gemäss Bloomberg schlossen Teilnehmer daraus, dass die Bank eine Ausgliederung der Beratungs- und Underwriting-Sparte in Erwägung ziehe.

Wie eine solche Idee im Detail aussehen könnte, sei von den Verwaltungsräten nicht ausgeführt worden. Ebenfalls unklar ist, wie ernsthaft die Erwägungen seien. Bloomberg spricht von “unkonventionellen Ideen”.

Partnermodelle waren weitverbreitet

Wäre es wirklich so unkonventionell, die Investmentbanker zu Miteigentümern zu machen? Eigentlich nicht: Während Jahrzehnten waren in US-Investmentbanken Partnerstrukturen weit verbreitet. Die Banken hatten damals kaum eine andere Wahl: Bis 1970 war es ihnen verboten, sich dem Publikum zu öffnen und ihre Aktien an die Börse zu bringen.

Aber auch nach 1970 wurden viele US-Investmentbanken von Bankern geführt, die ihr eigenes Geld im Unternehmen investiert hatten. Goldman Sachs schaffte ihr Partnermodell erst 1999 mit dem Börsengang ab. Allerdings blieben wichtige Entscheidungsträger weiterhin an der Bank beteiligt.

Der Treiber hinter den Ideen der Credit Suisse sind offenbar viele Abgänge. Die Bank habe in den letzten zwei Jahren 60 leitende Dealmaker verloren, obwohl sie in dieser Zeit mindestens 1,3 Milliarden Dollar für Halteprämien und Sonderzahlungen ausgegeben habe, um die Abgänge zu verhindern, schätzt Bloomberg.

Drei Fliegen mit einer Klappe

Mitarbeitende zu beteiligen, brächte viele Vorteile. Die Credit Suisse könnte die Kosten in der Investmentbank senken, die Bescäftigen länger ans Unternehmen binden und die Risiken herunterfahren. Die Bank würde drei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Risiken würden deshalb kleiner, weil ein Banker, der sein eigenes Geld im Spiel hat, sich dreimal überlegt, ob er einen riskanten Deal eingehen soll. Auf Wall-Street-Deutsch heisst das: Skin in the Game haben.

Allerdings: So einfach es ist, ein Partnermodell aufzugeben und die Aktien an der Börse zu platzieren, so schwierig dürfte es sein, den umgekehrten Weg zu gehen. Woran wären die CS-Investmentbanker genau beteiligt? An der Investmentbank oder Teilen davon? Von diesen Geschäftseinheiten gibt es aber keine Aktien. Geht die CS diesen Weg, würde sie damit einen Schritt in Richtung Ausgliederung der Abteilung vollziehen.

Kommt nach dem PIP und dem PAF jetzt ein PUF?

Gut möglich ist deshalb, dass die Grossbank ähnliches vorhat, was sie in Krisen schon mehrfach tat. Sie bietet den Bankern komplizierte Bonusmodelle an, die nach ein paar Jahren einen grossen Gewinn abwerfen. Das tat Oswald Grübel nach der Krise im Jahr 2003 mit dem berüchtigten PIP-Bonus-Programm, das CEO Brady Dougan einen Superbonus von 70 Millionen Franken einbrachte.

Später griff Dougan selbst in die Trickkiste: Er nahm notleidende Subprime-Papiere von der Bilanz und packte sie in ein Vehikel mit dem Namen Partner Asset Facility (PAF). Die PAF-Anteile verteilte er dann als Bonus an 2000 hohe Angestellte. Weil die Papiere zuvor stark abgeschrieben worden waren, erzielten die PAF-Anteile schon nach einem Jahr einen Gewinn von 60 Prozent.

Was für die Mitarbeitenden gutes Geld war, erwies sich für die Aktionäre als schlechter Deal. Das Bonusprogrammen zerstörte viel Goodwill. Und noch einen Haken hat das Modell: Gemäss Bloomberg wollen Blythe Masters und Michael Klein nur Angestellte der Beratungs- und Underwriting-Sparte zu Mitbesitzern machen. Aus Risikoüberlegungen ergibt das wenig Sinn, da dieses Geschäft risikoarm ist.

Viel effektiver wäre es, das Personal von Hochrisikoabteilungen zu beteiligen. Hätten die Trader im Prime-Brockerage-Geschäft Skin in the Game gehabt, hätten sie die Zockereien des Hedge-Fonds Archegos besser überwacht, beziehungsweise Bill Hwang, dem vorbestraften Gründer des Fonds, gar nie Milliardenkredite zur Verfügung gestellt. Stattdessen gab es einen Verlust von fünf Milliarden Dollar – den die Aktionäre zu zahlen hatten.

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