Zurückziehen oder nicht?
Die Search-Firma Egon Zehnder bleibt Russland treu. Auch die UBS bricht ihre Zelte dort noch nicht ab. Derweil wird der Druck von Investoren immer grösser. Es sind heikle Entscheidungen, die Firmen treffen müssen.
7. März 2022 • red.

Auf den Social-Media-Kanälen kursieren Grafiken mit Dutzenden von Firmen, die angekündigt haben, sich aus Russland zurückzuziehen. Die Namen lesen sich wie das Who's Who des Weltunternehmertums – von A wie Apple bis Z wie Zara.

Doch es gibt auch viele Unternehmen, die sich noch nicht entschieden haben oder die bleiben wollen. So sind Coca-Cola, Pepsi, McDonalds immer noch aktiv im Riesenreich. Ebenfalls vor Ort bleibt das Schweizer Beratungsunternehmen Egon Zehnder. Das Büro in Moskau soll weiterhin geöffnet bleiben, wie das Unternehmen bestätigt. Die weltweit tätige Vermittlerin von Kaderleuten hält sich dabei an die geltenden internationalen Sanktionsbestimmungen.

Verwaltungsratspräsidentin Jill Ader schreibt in einem Statement, dass Egon Zehnder keine neuen Aufträge von Personen oder Organisationen in oder ausserhalb Russlands entgegennehme, die auf den Sanktionslisten der EU, USA, Grossbritanniens, Kanadas, Japans und Australiens erscheinen.

Egon Zehnder will Umgehungen verunmöglichen

Andere weltweit tätige Beratungsunternehmen wie EY, PWC und KPMG haben ihre Verbindungen ins Riesenreich gekappt. Die drei beschäftigen in Russland 12’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Diese werden nun ihrem Schicksal überlassen. Es ist davon auszugehen, dass die Firmen unter einem anderen Namen ihre Tätigkeiten fortsetzen werden.

Bei den lokalen Gesellschaften handelt es sich in der Regel um sogenannte Partnerships, bei denen der grösste Teil des Gewinns im Land bleibt. Finanziell dürfte der Rückzug für EY und Co. somit verkraftbar sein. Ebenfalls ihren Rückzug aus Russland angekündigt haben McKinsey, BCG und Accenture.

Jill Ader von Egon Zehner verweist darauf, dass die Embargos weltweit angewendet würden. Damit will sie verhindern, dass beispielsweise ein russischer Unternehmer, der auf der Sanktionsliste der EU genannt ist, Dienstleistungen von Egon Zehnder in einem Land in Anspruch nehmen kann, das keine Sanktionen gegenüber Russland kennt.

Nestlé zieht sich fast nie zurück

Zu den Firmen, die bleiben, gehören etliche Banken. So etwa die Schweizer Grossbank UBS, die in Moskau mit einer Filiale vertreten ist. Der Luxuskonzern Swatch will sich auch nicht zurückziehen. Etliche Schweizer Industrieunternehmen, die in Russland produzieren, bleiben ebenfalls aktiv, solange es die Logistik und die Sanktionen erlauben.

Die meisten westlichen Firmen, die jetzt Russland verlassen, gehen über die aktuell geltenden Bestimmungen hinaus. Für gewisse Branchen ist ein Rückzug einfacher als für andere. Lebensmittelkonzerne wie Nestlé bleiben praktisch immer in einem Land vertreten. Der Grund ist nicht, weil sie die Nähe zu Despoten und Kriegstreibern besonders schätzen würden, sondern weil sie in vielen Ländern einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung leisten.

Seit dem Überfall von Russland auf die Ukraine wird der Druck auf westliche Firmen immer grösser. In den USA haben Pensionskassen bereits grosse Brands wie McDonalds, Coca-Cola und Pepsi ins Visier genommen, die sich noch nicht zum Rückzug entschlossen haben. Gemäss Medienberichten haben in der Ukraine Supermärkte Coca-Cola deswegen aus den Regalen genommen.

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