Start-up-Finanzierung
Kurz vor Ablauf der ersten Sammelaktion auf Oomnium zeigt sich: Transparenz scheint sich beim Crowdinvesting auszuzahlen. Gleichwohl werfen die hohen Bewertungen von ElleXX und Co. Fragen auf.
22. Mai 2023 • Beat Schmid

Die Crowdinvesting-Plattform Oomnium sorgt seit zwei Wochen für Wirbel in der Schweizer Start-up-Szene. Über die Plattform können Jungunternehmen Firmenanteile in Form von digitalen Aktien verkaufen und sich so frisches Kapital bei ihrer Crowd (zu Deutsch: Publikum) beschaffen. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang auch von Crowdinvesting.

Gleichzeitig zum Start von Oomnium lancierten vier Firmen eine Geldsammelaktion. Das bekannteste Jungunternehmen ist das Finanzportal ElleXX, das 2021 von der Wirtschaftsjournalistin und ehemaligen SRF-Moderatorin Patrizia Laeri mitgegründet wurde. Die drei weiteren Jungfirmen sind: Parkn’Sleep, ein Airbnb für Camperfans, die vegane Glacemarke Nanimale sowie die Baby- und Kindernahrungsspezialistin Yamo.
Die vier Start-ups lassen sich kaum vergleichen, da sie in völlig unterschiedlichen Bereichen tätig sind. Allen gemeinsam ist: Sie haben sich hohe bis sehr hohe Wachstumsziele gesetzt. Besonders trifft das für ElleXX und Parkn’Sleep zu. Fürs laufende Jahr prognostizieren die Frauen um Patrizia Laeri einen Umsatz von einer Million Franken – ein Plus von mehr als 500 Prozent gegenüber 2022. Im Jahr 2026 soll der Umsatz bereits auf 26,3 Millionen Franken hochschiessen.

Hohe Wachstumsziele widerspiegeln sich im Preis

Die hohen Wachstumsziele widerspiegeln sich im Preis, der im Rahmen des Crowdinvesting verlangt wird. ElleXX stellt auf Oomnium bis zu 22’058 Aktien zu einem Stückpreis von 136 Franken. Da es insgesamt 117’640 ElleXX-Aktien gibt, ergibt das eine Bewertung von 16 Millionen Franken. Gemessen am Umsatz von 2022 basiert die Bewertung von ElleXX auf einem Umsatzmultiplikator von 88.

Auf einen noch höheren Umsatz-Multiplikator kommt Parkn’Sleep. Das Luzerner Start-up erzielte 2022 einen Nettoumsatz von 28’000 Franken und weist eine Firmenbewertung von 3,5 Millionen Franken aus. Das ergibt einen Umsatz-Multiplikator von 125. Auch die Camper-Plattform rechnet mit stark steigenden Einnahmen: Fürs laufende Jahr sind 189’000 Franken angepeilt; in den Jahren 2024 und 2025 sollen es dann bereits 0,9 Millionen und 2,6 Millionen Franken sein.

Eine nicht ganz so steile Wachstumskurve verspricht die vegane Glacemarke Nanimale. Durch den Verkauf der Aktien wird die Zürcher Jungfirma mit 2,4 Millionen Franken bewertet. Gemessen am Umsatz von 2022 kommt die Firma somit auf einen Multiplikator von 19. Dieser dürfte heute bereits tiefer liegen, da Nanimale im ersten Quartal 2023 den Umsatz von 2022 verdoppelt hat. Erreicht die Firma das Umsatzziel von 1,1 Millionen fürs laufende Jahr, würde der Umsatz-Multiplikator auf 2 sinken.

Bewertungen der Start-ups werfen Fragen

Die zum Teil sehr hohen Bewertungen der Start-ups werfen Fragen auf. Besteht die Gefahr, dass Investoren viel zu viel für die Aktien bezahlen – zumal die Bewertungen von Start-ups wegen steigender Zinsen deutlich gefallen sind? Dazu muss man wissen: Oomnium operiert als Crowdinvesting-Plattform in einem unregulierten Bereich des Finanzmarkts. Die Plattform besitzt keine Bewilligung der Finma, wie ein Sprecher der Behörde auf Anfrage mitteilt.

Rea Eggli von der Oomnium-Plattform sagt: “Voraussetzung für eine Kampagne bei uns ist eine unabhängige, externe Plausibilitätsprüfung des Angebots.” Dieser Prüfbericht müsse bei einem Crowdinvesting publiziert werden. Es ist allerdings den Firmen überlassen, welche Geschäftszahlen sie veröffentlichen wollen. Sie entscheiden, ob sie nur den Umsatz zeigen oder auch eine Erfolgsrechnung und Bilanz offenlegen wollen. Wichtig ist zudem: Die Plausibilitätsprüfung liefert keine Einschätzung, ob die Wachstumsziele realistisch sind oder nicht.

Eggli sagt dazu: “Den Unternehmen empfehlen wir, ihre Zahlen möglichst transparent zu publizieren, damit sich die interessierten Anleger entsprechend informieren können.” Und sie ergänzt: “Während Parkn’Sleep und Nanimale ihre letzten Abschlüsse im Rahmen der Kampagne veröffentlichen, geben Yamo und ElleXX den Investorinnen und Investoren Einblick auf Anfrage.”

Lukas Imhof, CEO von Parkn’Sleep, sagt: “Für Investoren, die in eine digitale Plattform investieren, ist Transparenz das Wichtigste. Deshalb war für uns klar, so viel wie möglich offenzulegen.” Im Fall von Parkn’Sleep waren es eben Bilanz und Erfolgsrechnung.

Eine Anfrage, warum ElleXX “nur” den Umsatz veröffentlicht und nicht zusätzlich weitere Finanzkennzahlen, liess ElleXX-CEO Patrizia Laeri unbeantwortet. Ebenfalls keine Auskunft gab Laeri auf die Frage, warum ElleXX sich neuerdings als Fintech bezeichnet. Als das Unternehmen Ende Oktober 2021 startete, bezeichnete es sich als “unabhängige Finanz-Medien-Plattform für Frauen”. Klar ist, dass ein Fintech in der Start-up-Welt höher bewertet wird als ein Medienunternehmen.

Transparenz scheint sich auf Oomnium auszuzahlen. Sechs Tage vor dem Ende des Crowdinvestings haben Parkn’Sleep und Nanimale ihr Minimalziel um 56 und 37 Prozent übertroffen. ElleXX liegt aktuell 16 Prozent über dem Minimalziel. Schwieriger sieht es für Yamo aus: Die Babynahrungsfirma konnte erst die Hälfte der angepeilten Summe einnehmen.