Krypto-Pleite
Wie kommen Anlegerinnen und Anleger, die in FTX investiert haben, zu ihrem Geld? Eine spezialisierte Kanzlei koordiniert die Ansprüche von Schweizer Krypto-Geschädigten.
15. Dezember 2022 • Beat Schmid

Der spektakuläre Zusammenbruch der FTX-Kryptoplattform hinterlässt ein Milliardenloch. Darin verschwunden sind die Vermögenswerte von möglicherweise Millionen von Anlegerinnen und Anlegern, die dem Handelsplatz des inzwischen verhafteten Sam Bankman-Fried vertraut haben. Auch unzählige Anleger aus der Schweiz haben Geld verloren, die entweder direkt mit einer der FTX-Plattformen handelten oder in einen Krypto-Fonds wie SwissRex investierten.

Die Schweizer Kanzlei MME sammelt Forderungen von geschädigten Anlegern. “Ja, wir vertreten Geschädigte im Zusammenhang mit FTX”, sagt Andreas Glarner, Partner bei MME, auf Anfrage. Wie viele es sind, will er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Es seien aber einige, sagt er. Noch befinde man sich am Anfang der Verfahren, auch seien die Zuständigkeiten noch nicht vollständig geklärt.

Wie gross der finanzielle Schaden für Schweizer FTX-Kunden tatsächlich ist, lässt sich laut Glarner noch nicht abschätzen. Es gebe Geschädigte, die eine Beziehung zu einem Schweizer FTX-Ableger hatten. Andere Kunden haben Forderungen, die Alameda oder FTX-Gesellschaften in den USA oder auf den Bahamas betreffen. “Bis Klarheit über die Zuständigkeiten und den Verfahrensablauf besteht, wird es noch eine Weile dauern”, sagt Glarner von MME, die in diesem Fall mit internationalen Korrespondenzkanzleien zusammenarbeitet.

Wie Tippinpoint früher berichtete, unterhielt FTX ein halbes Dutzend Unternehmen in der Schweiz und Liechtenstein. Die FTX Europe AG diente dabei als Zentrale für die Märkte in Europa und im Nahen Osten. FTX Switzerland GmbH war für die Schweizer Geschäfte zuständig. Der Konkursverwalter von FTX konnte bisher wenige Millionen Franken an Cash in diesen Gesellschaften sicherstellen.

Grosse Geduld ist gefragt

Glarner berät internationale Technologie- und Finanzmarkt-Unternehmen mit Schwerpunkt auf Fintech, Blockchain, dezentralisierte Finanzen (Defi), NFT und Gaming. Fintech und Krypto sind zwei Themenschwerpunkte von MME, die Büros in Zürich und Zug betreibt.

Geschädigte können ihre Forderungen auch direkt in den USA einreichen. Inzwischen wurde die Website FTX.com durch Kroll übernommen. Das Unternehmen ist der Forderungsbeautragte von FTX.

Bis Geschädigte ihr Geld zurückerhalten, kann es allerdings Jahre dauern. Als die Krypto-Börse Mt. Gox Pleite ging, mussten sich Anlegerinnen und Anleger acht Jahre gedulden, sie einen Teil ihrer Bitcoins wieder sahen. Mt. Gox war einst die grösste Bitcoin-Handelsplatz der Welt und wurde im Jahr 2014 Opfer einer Hackerattacke.

Auch völlig unklar ist, wie viel Geld die Geschädigten erhalten werden. Im Fall von Mt. Gox waren es nur 20 Prozent. Wer “nur” 1000 Dollar verloren hat, muss sich fragen, ob es sich überhaupt lohnt, seine Forderung anzumelden. Wie immer bei grossen Konkursen gibt es auch spezialisierte Investoren, die den Geschädigten ihre Forderungen abkaufen. Doch mehr als 10 Prozent darf man sich nicht erhoffen.

Den bisher grössten bekannten Schaden erlitt der SwissRex Crypto Fund. Wie Tippinpoint berichtete, musste der Fonds 13 Millionen Franken oder 21 Prozent der Assets abschreiben. Diese waren in FTX investiert. “Es ist schwer abzuschätzen, wie viel von diesen Vermögenswerten der Fonds zurückerhalten wird”, erklärte die Zürcher Fondsvertriebsfirma Crypto Consulting in einem Schreiben an die Anlegerinnen und Anleger. Unter den Investoren des Fonds befinden sich auch Freizügigkeitsstiftungen.

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