Krypto-Pleite
Die Aktivitäten der Kryptohandelsbörse FTX in der Schweiz und anderen europäischen Ländern soll nicht mit dem Rest des Firmengeflechts verbunden gewesen sein.
24. November 2022 • Beat Schmid

Zusammenbruch des Kryptoimperiums von Sam Bankman-Fried hinterlässt ein Milliardenloch. Die eingesetzten Sachwalter dürften noch Wochen brauchen, um sich einen Überblick über das Ausmass der Pleite zu verschaffen. Die Ermittler werfen dem FTX-Gründer vor, Kundengelder in Milliardenhöhe abgezweigt zu haben, unter anderem um Verluste seines Hedgefonds Alameda Research auszugleichen.

Weltweit sollen rund eine Million Kundinnen und Kunden keinen Zugriff mehr auf ihre Konten haben. Noch kaum Informationen verfügbar sind, wie stark Nutzer in der Schweiz und in anderen europäischen Märkten betroffen sind. Die Schweiz war mit einem halben Dutzend Firmen einer der wichtigsten Standorte auf der Landkarte der Kryptobörse. Hier ist die FTX Europa AG domiziliert, die Holdingfirma für die europäischen Märkte.

Auf den Konten der FTX Europa AG, die in Pfäffikon SZ niedergelassen ist, befinden sich gemäss den aktuellsten Gerichtsunterlagen 2,8 Millionen Dollar in Cash. Die Gesellschaft war unter anderem verbunden mit der FTX EU Ltd., die in Zypern domiziliert ist. In dieser Firma konnten die Sachwalter insgesamt 49 Millionen Dollar Bargeld sicherstellen, wobei der Grossteil (knapp 48 Millionen) auf Depotkonten liegt. Dabei handelt es sich um den höchsten Geldbetrag, der in einer europäischen FTX-Firma bisher gefunden wurde.

Europa-Geschäfte wurden erst vor wenigen Monaten hochgefahren

Wie das deutsche Handelsblatt (Abo) mit Bezug auf zwei Insider berichtet, sollen die Firmen in Europa nicht mit dem Rest des Kryptouniversum von FTX verbunden gewesen sein. Ein Grund dürfte sein, dass sich die Aktivitäten erst im Aufbau befunden haben. Etliche Gesellschaften sind erst seit wenigen Monaten aktiv. Im Februar übernahm der FTX-Mutterkonzern die Krypto-Unternehmensgruppe Digital Assets AG mit Sitz in Herisau und baute die neue Einheit zu seiner Europatochter aus. Aus ihr wurde die FTX Europa AG.

Offiziell wurde das Europageschäft im März hochgefahren. Bankman-Fried sagte damals zum Start in einer Pressemitteilung: “Wir freuen uns, dass wir unser europäisches Geschäft in einer regulierten Form starten können. Wir werden mit den Aufsichtsbehörden in verschiedenen Ländern Europas zusammenarbeiten, um weiterhin eine sichere Umgebung für den Kryptohandel zu schaffen.”

Gemäss den Insidern sollen im Gegensatz zu anderen Unternehmenstöchtern weder die Kundengelder noch die IT-Systeme aus Europa mit jenen der Konzernmutter zusammengelegt worden sein. Das Europageschäft von FTX hatte als einzige Kryptobörse in der EU eine sogenannte Mifid-II-Lizenz, die zum Handeln von Wertpapieren berechtigt. Geschäfte mit Kundengeldern sind jedoch eingeschränkt. Die zuständige Behörde ist die Börsenaufsicht in Zypern.

In der Schweiz soll sich FTX ebenfalls um eine Lizenz bemüht haben, wie die "NZZ am Sonntag" (Abo) schrieb. Doch bei der Finma biss sie auf Granit.

Bisher schwerste Kryptopleite

Anfang dieses Monats hat FTX in der bisher folgenschwersten Krypto-Pleite Gläubigerschutz (Chapter 11) in den USA beantragt, nachdem Händler innerhalb von drei Tagen Milliarden von der Plattform abgezogen hatten und die konkurrierende Börse Binance einen Rettungsversuch hatte platzen lassen. Der Kurs des Bitcoins und anderer Krypto-Währungen ist wegen der Turbulenzen deutlich gefallen.

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