Geldpolitik
Das «SNB Observatory» wirft der Führung der Nationalbank vor, Bund und Kantonen Volksvermögen vorzuenthalten. Der Bankrat könne die «willkürliche Rückstellungspolitik» beenden.
15. Januar 2024 • Beat Schmid

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass der ausgewiesene Bilanzverlust eine Ausschüttung an Bund und Kantone «verunmögliche». Diese Interpretation ist auf Kritik gestossen. In einem Kommentar schreiben die Ökonomen des «SNB Observatory» nun, dass der Verzicht auf eine Ausschüttung nicht das notwendige Ergebnis der finanziellen Situation der SNB sei.

«Mit einer Rückstellung für Währungsreserven von 113 Milliarden kann sie sich die 6 Milliarden, die sie in den Vorjahren ausgeschüttet hat, problemlos leisten», schreiben die drei Ökonomen Stefan Gerlach, Yvan Lengwiler und Charles Wyplosz. Die SNB entscheide sich «Jahr für Jahr, diesen Korb auf Kosten der Ausschüttungsreserven zu füllen».

Die Kantone und der Bund würden sich «zu Recht» über die «willkürliche Rückstellungspolitik» beschweren, wonach die Rückstellungen jedes Jahr ohne Begründung um 10 Prozent erhöht werden. Damit werde ihnen «der ihnen zustehende Anteil» am Volksvermögen vorenthalten. Nach Ansicht der SNB-Kritiker wäre der Bankrat in der Lage, diese Praxis zu ändern, da es zu seinem Mandat gehöre, die vom Direktorium vorgeschlagene Rückstellungspolitik zu genehmigen.

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