Grosses strukturelles Defizit
Die UBS muss das Defizit der Credit Suisse möglichst schnell in den Griff bekommen, auch deshalb ist Eile bei der Integration angesagt. Einigen Aktionären scheint das zu langsam zu gehen.
17. Mai 2023 • Beat Schmid

In der Nacht auf Mittwoch teilte die Grossbank UBS mit, dass die Credit Suisse auch “im zweiten Quartal 2023 voraussichtlich einen erheblichen Verlust im Bereich Wealth Management” schreiben wird. Wegen massiver Abflüsse von Kundengeldern resultieren geringere Einnahmen aus Zinsen und Gebühren. Nähere Angaben machte die Bank nicht.

Man muss davon ausgehen, dass die Credit Suisse auch in anderen Geschäftsbereichen blutet. Das sorgt für Druck in der UBS. Wie man aus dem Innern der Bank hört, geht die Bank von aktuellen Erträgen von 11 Milliarden Franken und Kosten von 14 Milliarden auf Jahresbasis aus. “Dieses strukturelles Defizit muss die UBS schultern”, sagt eine Quelle. Mit jedem Tag, der vergeht, verbrennt die CS Eigenkapital.

Je länger die UBS zuwartet, desto teurer wird es

Das haben in der Zwischenzeit auch die Aktionäre gemerkt. Der Kurs der UBS-Aktie ist nach Übernahmeankündigung von 19. März zunächst stark gefallen, hat sich dann aber schnell wieder erholt. Doch seit Mitte April fällt der Kurs wieder deutlich und liegt aktuell bei knapp über 17 Franken.

Die Übernahme der Credit Suisse stellt die UBS vor heikle Entscheidungen. Einige Pflöcke hat UBS-Chef Sergio Ermotti mit der Umstellung der Konzernleitung eingeschlagen. Die schwierigste aber schiebt er auf: Soll CS Schweiz voll integriert werden oder als eigenständige Bank weiterbestehen? Wie man aus dem Innern der Bank hört, sollen die Abklärungen noch einige Monate dauern. «Spätestens Ende Sommer» soll der Entscheid fallen.

Ginge es nach Ermotti, wäre eine sofortige und schnelle Vollintegration der Bank das Wunschszenario. Das bestätigen mehrere Quellen gegenüber Tippinpoint. Doch dieses Wunschszenario kommt zu einem hohen Preis, da eine Vollintegration sehr viele Stellen kosten würde. Bis zu 20’000 Jobs stehen bei diesem Szenario auf dem Spiel. Nicht nur in der Schweiz würden Tausende Mitarbeitende ihre Stelle verlieren, sondern auch in den Abwicklungs- und Informatik-Zentren in Polen und in Indien.

Weniger einschneidend wäre eine Abspaltung der CS-Schweiz. Filialen könnten bestehen bleiben, es bräuchte weiterhin eigenständige zentrale Dienste und alles andere, was es für den Betrieb einer Bank braucht – von der Aktienanalyse bis zu den Servern im Maschinenraum. Stellen würden nur wenige verschwinden, wenn überhaupt.

Man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass sich das Wunschszenario wesentlich einfacher durchziehen liesse. Und es würde der UBS auch grosse Effizienzgewinne bringen, sie könnte höhere Erträge generieren und dank tieferen Kosten auch mehr Gewinn erwirtschaften.

Eine Abspaltung hingegen ist mühsam und schwierig. Die internationalen Teile, das Geschäft mit vermögenden Kunden, das Asset-Management, die Investmentbank, müsste integriert werden. Die Schweizer Bank, die aber auch mit den internationalen Einheiten verflochten ist, müsste herausgelöst und auf ein tragfähiges Fundament gestellt werden.

Was geschieht mit dem Filetstück?

Nicht sicher ist, ob eine eigenständige CS Schweiz im Firmenkundengeschäft – dem eigentlichen Filetstück – weiterhin eine dominierende Rolle spielen könnte wie bis anhin. Gleichzeitig bleibt diffus, was die UBS bei einer Vollintegration mit dem sogenannten Corporate Business vorhat. Diese Unklarheit bereitet den Wirtschaftsvertretern die grössten Sorgen. "Ein Bekenntnis von Sergio Ermotti, weiterhin eine Unternehmerbank in der Schweiz zu betreiben, habe ich bisher nicht gehört. Das ist ein Versäumnis", sagt ein Industrievertreter.

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