CS-Notrettung
Beim Zwangsverkauf der Credit Suisse an die UBS war die Nationalbank offenbar nur widerwillig bereit, Hand für eine Lösung zu bieten – zum Ärger der Finanzministerin.
20. April 2023 • Beat Schmid

SNB-Präsident Thomas Jordan lässt sich nicht gerne Vorschriften machen. Er pocht bei jeder Gelegenheit auf die Unabhängigkeit der Nationalbank, sei es bei Investitionen in klimaschädliche Unternehmen. Oder wie jetzt offenbar bei der Rettung der Credit Suisse.

Wie die CH-Media-Titel heute schreiben, herrscht offenbar dicke Luft zwischen dem Finanzministerium und der Nationalbank-Spitze. Konkret geht es um die Bereitstellung einer Liquiditätshilfe über 100 Milliarden, für die die Nationalbank keine oder fast keine Sicherheiten bekommt. Thomas Jordan sprach an der Medienkonferenz vom 19. März von einem “Konkursprivileg”. Das Liquiditäts-Instrument nannte er “ELA plus”.

Denn obwohl das Nationalbankgesetz “ausdrücklich festhält”, dass die Notenbank “weder vom Bundesrat noch von der Bundesversammlung oder anderen Stellen Weisungen einholen oder entgegennehmen” darf, diktierte die Regierung nun, dass sie der CS und der UBS zusätzliche Liquiditätshilfen von bis zu 100 Milliarden Franken gewähren soll, heisst es bei CH-Media.

Karin Keller-Sutter: "Ich kann es nicht diplomatischer sagen"

Dieses Diktat soll zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Nationalbank-Chef Thomas Jordan und Finanzministerin Karin Keller-Sutter geführt haben. CH-Media schreibt: “Die Nationalbank und ihr auf deren Unabhängigkeit bedachter Chef Thomas Jordan waren wohl alles andere als erfreut über den Tabubruch, wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter im Rahmen der CS-Sondersession zum Thema ELA plus einräumte.”

Keller-Sutter sagte wörtlich: “Wir mussten uns mit der Nationalbank – ich kann es nicht diplomatischer sagen – auch einigen. Das war die Einigung, die wir hier mit der Nationalbank gefunden haben.” Die Stimmung zwischen dem Bund und der Nationalbank sei auch schon “schon besser” gewesen, schreibt CH-Media.

Obschon es zum Kernauftrag der Nationalbank gehört, für Finanzstabilität zu sorgen, stört sich Jordan offenbar daran, dass mit dem ELA-plus-Instrument der gesetzliche Rahmen, was die SNB darf und was nicht, möglicherweise geritzt wurde. Gerne verweist die Notenbank darauf, dass sie gesetzlich dazu verpflichtet ist, Kredite “nur gegen ausreichende Sicherheiten” auszuzahlen.

Via Notrecht musste die zweite Liquiditätshilfe, der sogenannte Public Liquidity Backstop (PLB) eingeführt werden. Die damit gesprochenen 100 Milliarden Franken werden zwar ebenfalls von der Nationalbank zur Verfügung gestellt, sind jedoch durch eine Bundesgarantie abgesichert.

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