Vegan-Investor in Turbulenzen
H.F. war für das Fundraising beim Zürcher Impact-Investor zuständig. Jetzt ist der Kadermann weg – der Banker ist eine zentrale Figur in einem riesigen Betrugsskandal.
7. Juli 2022 • Beat Schmid

Seit 2018 arbeitete H.F. (Name der Red. bekannt) für Blue Horizon. Zunächst auf Mandatsbasis, die letzten fünf Monate als Partner und Business Developer. Doch vor kurzem verschwand sein Bild von der Website, der Eintrag wurde gelöscht. Am Telefon will H.F. nichts zu den Gründen seines Ausscheidens sagen und verweist an den Mediensprecher des Unternehmens. Dieser bestätigt die Trennung, äussert sich aber nicht zu den Gründen.

Wie Recherchen zeigen, ist H.F. eine zentrale Figur in einem spektakulären Betrugsfall, den die Deutsche Bank im Jahr 2010 erschütterte. Bei einem illegalen Ringhandel mit CO₂-Emissionszertifikaten war die deutsche Grossbank als Zwischenhändlerin aufgetreten und hatte so einen Steuerbetrug in Höhe von 145 Millionen Euro ermöglicht. Mit ihrer Hilfe gelang es den am Steuerkarussell beteiligten Firmen, Mehrwertsteuerrückforderungen zu erschleichen. Der Skandal wurde von einem Journalistennetzwerk aufgedeckt und unter dem Namen Grand Theft Europe bekannt.

H.F. wurde 2019 in Frankfurt angeklagt

Sechs Händler der Deutschen Bank wurden bereits 2016 zu mehrjährigen Haft- und Bewährungsstrafen verurteilt. H.F. wurde erst 2019 angeklagt. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft beschuldigt ihn, von den betrügerischen Geschäften gewusst zu haben. Er, der zum fraglichen Zeitpunkt ein hochrangiger Angestellter in der Handelsabteilung der Deutschen Bank in London war, habe aufkommende Zweifel anderer Mitarbeiter zerstreut und eine angeblich positive Überprüfung einer dubiosen Firma vorgetäuscht, hiess es in einer Agenturmeldung. Zum Prozess ist es noch nicht gekommen. Es gilt die Unschuldsvermutung. H.F. liess Fragen zum Verfahren unbeantwortet. Blue Horizon wusste offenbar von der Anklage.

Der Kadermann übte eine wichtige Rolle beim Vegan-Investor Blue Horizon aus. Sein Job war es, Investoren für den geplanten 750-Millionen-Fonds Blue Horizon Growth II zu suchen. Doch die Stimmung unter vermögenden Privatpersonen und Family Offices hat sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Gründe sind der Zusammenbruch der Börsen und die kollabierenden Bewertungen von Startups – insbesondere von solchen, die zum Foodtech-Bereich gezählt werden, für den sich Blue Horizon interessiert.

Dokumente bei der SEC eingereicht

Zu einem sogenannten First-Closing des neuen Venture-Fonds ist es bis heute nicht gekommen, obschon die Suche nach Investoren seit über einem Jahr läuft. Im Mai wurden in Luxemburg die rechtlichen Strukturen des Fonds eingetragen. Anfang Juni meldete Blue Horizon den Fonds bei der US-Börsenaufsicht SEC an.

Für Verunsicherung in der Investorencommunity dürfte auch der heftige Streit zwischen dem Management von Blue Horizon und den Partnern des ersten Fonds (Blue Horizon Venture I) sorgen. Eine Mehrheit der sogenannten Limited Partners (LP) sah es als erwiesen an, dass Blue Horizon gegen diverse Bestimmungen der LP-Vereinbarung verstossen hatte. Nach einer Monate dauernden juristischen Auseinandersetzung gelang es ihnen Ende Mai, Blue Horizon die Betreuung des Fonds zu entziehen.

Anfang Woche berichtete Tippinpoint, dass sich die Finanzmarktaufsicht (Finma) für die Zürcher Impact-Boutique interessiert, die 2015 von Roger Lienhard gegründet wurde. Sie liess dem Unternehmen einen umfassenden Fragebogen zukommen. Die Behörde will überprüfen, ob die Tätigkeit der Gesellschaft bewilligungspflichtig ist. Blue Horizon verfügt über keine Finma-Bewilligung.

Zuvor kam zu einem veritablen Knall. Kurz vor der Generalversammlung von Blue Horizon, die letzte Woche stattfand, reichten vier Mitglieder des Verwaltungsrats ihren Rücktritt ein. Ausgetreten sind der ehemalige Migros-Topmanager Walter Huber, Governance-Spezialistin Sonja Stirnimann, Ex-Nestlé-Manager Aldo Uva und Schellenberg-Wittmer-Anwältin und ehemalige Finma-Kaderfrau Caroline Clemetson. Alle vier wurden erst vor einem Jahr ins Gremium gewählt.

Manuel Janson übernimmt von H.F.

Den Job von H.F. hat inzwischen Manuel Janson übernommen, sagt der Firmensprecher. Janson arbeitet seit 2021 bei Blue Horizon, sitzt im Advisory Board von Belvoir Capital und ist gemäss Linkedin Mitgründer einer kleinen Cafékette in Peru.

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