Asset Management
In einer Untersuchung hat der EU-Wertschriftenregulator erhoben, wie viele nachhaltig deklarierte Fonds ein geplantes Öko-Zertifikat erhalten würden – es sind nur gerade 16 von 3000.
4. Januar 2023 • Beat Schmid

Seit 2018 laboriert die EU an einem Umweltzeichen für Retail-Aktienfonds. Klar definierte Nachhaltigkeitskriterien sollen privaten Anlegerinnen und Anlegern die Gewissheit geben, dass ein Produkt tatsächlich “grün” ist. Der Erfolg eines EU-Ökozertifikat würde davon abhängen, wie “glaubwürdig es wahrgenommen und inwieweit es von den Produktmanagern angenommen wird”, heisst es in einem kurz vor Weihnachten veröffentlichten Bericht der Esma. Die Esma ist die Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde der EU und hat ihren Sitz in Paris.

Um herauszufinden, wie viele Anlagefonds ein Label tragen dürften, hat die Behörde eine Untersuchung durchgeführt. Darin kommt sie zum Schluss, dass nur ganz wenige Fonds, die von den Herstellern als “nachhaltig” eingestuft werden, das geplante EU-Umweltzeichen auch tragen dürften. Die Behörde hat 3000 UCITS-Aktienfonds unter die Lupe genommen, die ein kombiniertes Kundenvermögen von 1 Billion Euro verwalten.

Lediglich 16 Fonds oder 0,5 Prozent erfüllen die Mindestkriterien, die derzeit diskutiert werden. Um die Fonds selektieren zu können, wird unter anderem eine sogenannte “Greenness Ratio” berechnet. Nur ganz wenige Fonds kommen auf die geforderten Werte. Sie haben zu viele Titel im Portfolio, die einen zu hohen CO2-Wert ausweisen. Ausserdem würden Ausschlusskriterien zu wenig strikt umgesetzt.

Wann ein Finanzprodukt als grün bezeichnet werden darf, darüber herrscht grosse Konfusion. Das sehen auch die Autoren der Esma so. Auch sie kämpfen mit einem “gewissen Grad an Unsicherheit”, schreiben sie, doch auch die Portfolio-Manager seien mit ähnlichen Hindernissen konfrontiert, bis genauere Informationen verfügbar sind. Die künftigen Offenlegungspflichten im Rahmen der EU-Taxonomie und die in Entwicklung befindlichen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden in dieser Hinsicht eine “grosse Hilfe sein”, schreiben sie weiter.

Einführung des EU-Ecolabels verzögert sich

Die Studie zeigt, dass bei konsequenter Auslegung nur ganz wenige Fonds tatsächlich “grün” sind. “Lockere Anforderungen” würde zwar das potenzielle Volumen grüner Finanzanlagen erhöhen, doch dadurch würde die “Glaubwürdigkeit des Umweltzeichens” leiden. Die Autoren halten fest, dass ihre Schlussfolgerungen den derzeitigen oder künftigen politischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem EU-Umweltzeichen nicht vorgreifen.

Das sogenannte EU-Ecolabel ist ein Gütesiegel zur Kennzeichnung von Verbraucherprodukten und Dienstleistungen. Das Label, das auch als Euroblume bezeichnet wird, gibt es seit 1992. Verbreitet ist das Umweltzeichen für Bettmatratzen, Möbel, Schuhe, Waschmittel oder Bodenbeläge. Insgesamt gibt es 22 Produktgruppen. Über die Schaffung eines Ecolabel für Finanzprodukte wird seit 2018 diskutiert. Eine Einführung wurde immer wieder hinausgeschoben.

Die Ergebnisse der Studie können hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

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