Private Banking
Der Wealth-Management-Chef der UBS soll bei russischen Kunden auf die Bremse treten. Aus Risikogründen. Als er noch bei der Credit Suisse war, war der Russland-Desk ein wichtiger Ertragsbringer.
31. Juli 2023 • Beat Schmid
Nach Informationen der «NZZ am Sonntag» (Abo) müssen sich einige internationale Kunden eine neue Bank suchen. Besonders betroffen seien russische Kunden. Hier wolle sich die UBS von 50 bis 75 Prozent der Bestandskunden trennen. Das Geschäft mit diesen Kunden sei der UBS zu heikel, heisst es. Die Grossbank sei misstrauisch geworden, nachdem sie Einsicht in die Kundendossiers der Credit Suisse erhalten habe.
Welche Russen genau betroffen sind, ist unklar. Es soll sich aber vor allem um russische Offshore-Kunden handeln, also Kunden mit russischem Pass, die im Ausland leben und heute von der CS von der Schweiz aus grenzüberschreitend betreut werden.
Die UBS verwies gegenüber der Zeitung «auf ihr grundsätzlich konservativeres Risikoprofil und ihren tieferen Risikoappetit im Vergleich zur CS». Zudem wolle sie «ihre Risikomanagement-Grundsätze und ihre Unternehmenskultur in der gesamten kombinierten Organisation verankern». Dazu gehöre auch, dass Geschäftsbeziehungen aus CS-Zeiten beendet werden könnten.
Ein risikoaverser Banker?
Die «NZZ am Sonntag» zitiert einen anonymen Banker, der angibt, dass die UBS bereits seit 1999 sehr vorsichtig mit russischen Kunden umgegangen sei. «Unsere Compliance war schon damals sehr misstrauisch gegenüber Russland, sehr zum Ärger vieler Kundenberater», sagt er. Mit der Euphorie war es 2014 nach der Annexion der Krim durch Russland vorbei. Die UBS hat ihre vorsichtige Haltung bis heute beibehalten, neue Geschäfte mit russischen Kunden macht sie gar nicht mehr. Die CS hingegen nutzte damals die Gunst der Stunde und war lange Zeit für ihr umfangreiches Geschäft mit russischen Kunden bekannt. Die Russlandabteilung galt bankintern als Profitmaschine, die überdurchschnittliche Renditen erwirtschaftete. Wenn der CS-Konzernchef zum jährlichen Anlass der erfolgreichsten Privatbankiers einlud, sei der Russland-Desk oft besonders gut vertreten gewesen, erzählt ein Banker. Sehr vorsichtig geht die Zeitung auf die Rolle von Iqbal Khan ein, der von 2015 bis 2019 Chef der Vermögensverwaltung der CS war und einer der Treiber hinter dem Push mit russischen Kunden. «Iqbal hat eine Verkäufer-Ader, natürlich will er Geld verdienen», sagt ein UBS-Mitarbeiter der Zeitung. Er sei aber auch risikoavers, heisst es weiter. Man spüre seine Vergangenheit als Revisor.Vom Vollgas-Banker zum Banking-Technokraten?
Khan betont nun an jeder UBS-internen Mitarbeiterversammlung, dass beim Risiko keine Kompromisse gemacht würden, weil sich das langfristig nicht auszahle. Die Geschichte in der «NZZ am Sonntag» liest sich, als habe Khan bei der UBS eine spektakuläre Kehrtwende vollzogen. Vom Performance-orientierten Vollgas-Banker zum Private-Banking-Technokraten, der Sicherheit vor Rendite stellt. Interessanterweise veröffentlichte auch die «NZZ» (Abo) am Samstag einen längeren Artikel über Iqbal Khan. Er verkörpere mit seinem Werdegang den «Kulturkonflikt» wie kein anderer: «Seine Gegner werfen ihm vor, seinen Erfolg bei der Credit Suisse vor seinem Wechsel zur UBS im Jahr 2019 mit der Vergabe von riskanten Krediten an Kunden erkauft zu haben.» Allerdings stellt sich die Frage, ob Khan mit dieser Strategie nicht schlicht die Kultur der CS umgesetzt hat. Eine nur schwer nachvollziehbare Sichtweise. Wahrscheinlicher ist, dass Khan als eine der wichtigsten Führungsfiguren der CS die Kultur der Bank entscheidend mitgeprägt hat. Dass er und sein Umfeld heute davon nichts mehr wissen wollen, ist hingegen verständlich. In beiden Artikeln wird seine umstrittene Rolle im Greensill-Debakel nicht thematisiert. Unter seiner Führung wurden die umstrittenen Supply-Chain-Fonds entwickelt und im grossen Stil vermarktet. Die nach seinem Abgang zusammengebrochenen Fonds bescherten der Credit Suisse ein Image-Desaster und eine Flut von Prozessen.Credit Suisse lockt Privatanleger mit komplexem Zinsprodukt
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