Schrumpfende Erträge
Die hohen Geldabflüsse schlagen auf die Erträge durch – die Bank muss ihre Einsparungen beschleunigen. In Asien sollen 5 Prozent aller Jobs im Wealth Management abgebaut werden.
2. Dezember 2022 • Beat Schmid

Die Credit Suisse sucht nach Möglichkeiten, die erst vor wenigen Wochen angekündigten Kostensenkungen zu beschleunigen. Der Grund sind starke Abflüsse von Kundengeldern und eine Verlangsamung der Geschäftstätigkeit. Das alles drückt auf die künftigen Erträge der Bank.

Die Rechnung ist relativ einfach. Durch die Abflüsse wird die Bank pro Jahr Erträge zwischen 400 und 700 Millionen verlieren. Auf diesen Bereich kommt man, wenn man eine Marge von 0,5 bis 0,8 Prozent annimmt. Bis zum 11. November sind der Bank 84 Milliarden abgeflossen (6 Prozent der gesamten Assets).

Die Mindererträge könnten noch zunehmen: J.P. Morgan rechnet gemäss einer aktuellen Studie bis Ende Jahr mit Abflüssen von insgesamt 107 Milliarden Franken. Kommt es so, könnten die Mindererträge gar bis auf 850 Milliarden Franken ansteigen.

Rechnen wir konservativ und nehmen einen Ertragsausfall von 500 Millionen Franken an. Das ergibt pro Quartal 125 Millionen. Im dritten Quartal erwirtschaftete die Bank 3,8 Milliarden Franken an Erträgen. Wir sind auch hier wieder konservativ und ziehen nur 100 Millionen ab. Dann ergibt das einen aufs ganze Jahr gerechneten Ertrag von 14,8 Milliarden Franken.

Geringe Aussichten auf Gewinn

Die Credit Suisse hatte im Oktober erklärt, sie wolle ihre Kostenbasis bis 2025 um rund 2,5 Milliarden Franken auf etwa 14,5 Milliarden senken. Stellt man diese Zahl dem Ertrag von 14,8 Millionen gegenüber, ergibt das einen Vorsteuergewinn von 300 Millionen pro Jahr oder 75 Millionen pro Quartal. Nach Steuern bliebe ein Verlust. Nicht eingerechnet sind unter anderem höhere Zinskosten, die durch die Herabstufung der Bonität der Bank entstehen. Diese befindet sich noch eine Stufe über Junklevel.

Um ein nachhaltiges Business zu betreiben, müsste die Bank aber Erträge in der Region zwischen 16 und 17 Milliarden Franken erzielen. Oder eben, wenn dies nicht mehr möglich ist, die Kosten nochmals deutlich senken.

Genau das scheint die Bank nun tun zu wollen. Wie Reuters gestern berichtete, werde die Bank tatsächlich abermals an der Kostenschraube drehen. Die Kosteneinsparungen werden “wahrscheinlich” mehr Stellenstreichungen umfassen als zuvor für die erste Abbauwelle angekündigt, schreibt Reuters. Die Bank kündigte Ende Oktober an, 9000 Stellen von insgesamt 52’000 abzubauen.

In Asien sollen 5 Prozent aller Jobs im Wealth Management abgebaut werden

Gemäss der Nachrichtenagentur sei auch das Kerngeschäft, also die internationale Vermögensverwaltung, betroffen. Zwei der Quellen sagten gegenüber Reuters, dass die Credit Suisse etwa 5 Prozent ihres Personalbestands im Private Banking in der asiatischen Finanzmetropole Hongkong abbauen will, wobei vor allem Banker der mittleren und unteren Ebene betroffen seien. Offenbar trifft es in erster Linie Banker, die chinesische Kunden betreuen.

Die Credit Suisse lehnte es ab, den Stellenabbau im Private-Banking-Geschäft in Hongkong zu kommentieren. "Wie bereits angekündigt, macht die Bank bei diesen Kostensenkungsmassnahmen bereits Fortschritte und folgt dabei einem klaren Umsetzungsfahrplan", teilte die Bank mit.

Fehlende Klarheit darüber, wie die Bank in Zukunft wieder Gewinne schreiben will, ist ein wichtiger Treiber, warum der Aktienkurs der Bank in den letzten Wochen so stark gefallen ist. Gleichzeitig sind auch die Ausfallprämien weiter angestiegen. Sie befinden sich auf einem historischen Hoch, wie der Chart unten zeigt.

Die Aktien der Credit Suisse fielen am Donnerstag auf ein neues Rekordtief von 2.70 Franken und näherten sich dem Angebotspreis für die Bezugsrechtsemission (2.52 Franken). Der aktuelle Kurs liegt also nur noch 7 Prozent über der Schwelle.

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