Neuer Groove
Mit Iqbal Khan übernimmt einer der aggressivsten Privatebanker die wichtigste Abteilung der UBS. Die Bank wird dadurch unberechenbarer. Ein Kommentar.
13. Juli 2022 • Beat Schmid

Gestern Abend kommunizierte die UBS den wichtigsten Personalentscheid seit langem. Die Bank krempelt ihre wichtigste Abteilung, das Global Wealth Management, komplett um.

- Iqbal Khan, der bisherige Co-Leiter, übernimmt die Alleinverantwortung für die Einheit, die 9300 Finanzberaterinnen und -Berater beschäftigt, 3,1 Billionen Dollar Kundenvermögen verwaltet und Erträge von rund 20 Milliarden Dollar generiert.

- Tom Naratil, seit 2018 Co-Chef der Vermögensverwaltung, verlässt die Bank nach 39 Dienstjahren.

- Seine Rolle als President UBS Americas übernimmt Naureen Nasser, die nach einem kurzen Abstecher zur FED New York bei der UBS eine neue Karrierechance bekommt. Seit September 2021 steht sie ohne Job da.

Stets das gleiche Rezept

Bemerkenswert sind alle drei Veränderungen. Iqbal Khan, weil mit ihm ein Banker nach vorne drängt, dessen Leistungsausweis kontrovers eingeschätzt wird. Kritiker sagen, dass Khan stets auf die gleichen Rezepte setze: den Kunden Lombard-Kredite und teure, strukturierte Produkte verkaufen.

Dass dieses Rezept schiefgehen kann, zeigt sich bei der Credit Suisse, wo Khan bis 2019 das Wealth Management leitete. Greensill-Papiere, die Khan pushte, waren schlecht abgesichert und bescherten den Kunden riesige Verluste und der Bank enorme Probleme. Auch die Kreditbolzerei rechnete sich nur zum Teil. Im Börsenabschwung rinnen die gewonnenen Assets wie Sand durch die Finger.

Auch bei der UBS setzt Khan auf das Mittel der Kreditvergabe zwecks Asset-Generierung und den Verkauf von teuren Finanzprodukten. Fairerweise ist zu erwähnen, dass die UBS bereits vor seinem Wechsel die Kreditschleusen öffnete. Andererseits wird Khan als gewinnenden, charismatischen Banker beschrieben, der Teams motivieren und Mitarbeiter mitreissen könne.

Ein schwerer Schlag für die UBS ist der Weggang von Tom Naratil. Mit ihm geht der Bank viel Knowhow verloren. Er war fast 40 Jahre in den unterschiedlichsten Funktionen in der Bank tätig, die letzten 11 Jahre sass er in der Geschäftsleitung.

Naratil wird ersetzt durch Naureen Hassan, die von 2016 bis 2020 als Digitalchefin beim Wealth-Management-Arm von Morgan Stanley arbeitete. Von 2003 bis 2016 war sie in verschiedenen Rollen für den Onlinebrocker Charles Schwab tätig. Dass die UBS eine so wichtige Region einer Bankerin überlässt, die keine Erfahrung im Privatbanking mitbringt, ist mutig. Immerhin verwaltet die UBS in den USA 2000 Milliarden Dollar Kundenvermögen.

Colm Kelleher erhöht die Absturzgefahren

Die Veränderungen tragen die Handschrift des neuen Verwaltungsratspräsidenten Colm Kelleher. Keine 100 Tage liess er verstreichen, schon drückt er der Bank den Stempel auf. Sein Ziel ist es, den Aktienkurs nach oben zu schrauben und die UBS als eine Bank zu positionieren, die im Markt nicht mehr als europäische Bank wahrgenommen wird mit einem entsprechenden Bewertungsabschlag.

Colm Kelleher glaubt, dieses Ziel mit Iqbal Khan als Solochef der Vermögensverwaltung besser erreichen zu können als mit einer Doppelspitze. Das ist nachvollziehbar. Gleichzeitig wird die UBS dadurch aber auch unberechenbarer. Die Risiken werden steigen, die Absturzgefahren grösser.

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