Schrumpfung in den Stammlanden
Das rechte Zürichseeufer ist eigentlich der Home Turf der Grossbank. Doch inzwischen ist sie nur noch an zwei Standorten vertreten. Auswärtige Regionalbanken nisten sich ein – wie die Berner Bankengruppe Valiant.
8. November 2022 • Beat Schmid

Vor zwei Wochen geschah an der Zürcher Goldküste etwas Unerhörtes. Valiant, die Bank aus der tiefsten Berner Provinz (aus Zürcher Perspektive), eröffnete mitten in Meilen, direkt beim Bahnhof und vis-à-vis der UBS eine Filiale.

Die Bank zog in das Gebäude ein, in dem zuvor die Credit Suisse während Jahrzehnten eine Filiale betrieb. Dass die CS, die zürcherischste Grossbank der Schweiz, die Gemeinde verlässt und den Standort der Bank mit den lila Farben überlässt, ist bemerkenswert.

Denn Meilen ist nicht irgendein Fleck auf der Landkarte (aus Zürcher Perspektive). Meilen ist der Bezirkshauptort am rechten Zürichseeufer, dem Steuer- und Wohnparadies mit den langen Sonnenstunden. In der Gemeinde wohnen Chemie-Milliardärin Magdalena Martullo-Blocher und Banker-Millionär Thomas Matter.

Bereits aufgegeben hat die CS ihre Filiale in Zollikon. Noch vertreten ist die CS in Küsnacht und Stäfa. Ob auch diese Standorte der Sparübung zum Opfer fallen werden? Wie Finews berichtete, will die Bank in der Schweiz 14 Filialen abbauen.

Wie auch immer, Valiant wird die Chance nutzen, in den Stammlanden der CS zu wachsen. Genauso wie das vor ihr auch Raiffeisen tat, die am rechten Zürichseeufer eine regionale Genossenschaft betreibt mit Geschäftsstellen in Männedorf, Zollikon, Küsnacht, Meilen und Stäfa. Und dabei steigende Zahlen ausweist: Der Geschäftsertrag kletterte in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent.

Die Goldküste ist eigentlich keine typische No-Go-Area für Banken. Denn hier lebt der alte Zürcher Geldadel, hier leben aber auch besonders viele hochbezahlte Bankangestellte – auch viele der obersten CS-Chefs: Urs Rohner wohnte in Erlenbach, als er CS-Präsident war. Axel Lehman, einer seiner Nachfolger, hat sich in Herrliberg niedergelassen, genauso wie einst Ex-CEO Tidjane Thiam. CS-CEO Ulrich Körner lebt in Uetikon. Sein Vorgänger Thomas Gottstein ist in Küsnacht zu Hause.

Valiant verdient in den ersten neun Monaten mehr


Valiant hat den Gewinn in den ersten neun Monaten 2022 gesteigert. Der Geschäftserfolg lag mit 112 Millionen Franken 3 Prozent über dem Vorjahr. Unter dem Strich erhöhte sich der Konzerngewinn um 4 Prozent auf 92,5 Millionen Franken.

Zulegen konnte Valiant auch im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft (plus 13,8 %) und im Handelsgeschäft (plus 26,7 %). Die Kosten erhöhten sich im laufenden Jahr um 6,1 Prozent auf 202,5 Millionen Franken an. Allerdings musste Valiant in den ersten drei Quartalen 2022 ausfallrisikobedingte Wertberichtigungen in der Höhe von 9,7 Millionen vornehmen nach 8,3 Millionen im Vorjahr – ein Plus von 17 Prozent.

Darin widerspiegeln dürften sich die Kosten für den Umbau der Filiale in Meilen. Im August eröffnete Valiant zudem eine Filiale in Winterthur. Die Berner Bankengruppe kommt damit bereits auf fünf Geschäftsstellen im Bankenkanton Zürich.