Financials
Wochenlang liess die Bank durchblicken, dass es keine Kapitalerhöhung geben wird. Doch jetzt taucht plötzlich das “Projekt Ghana” auf.
19. Oktober 2022 • Beat Schmid

Gestern publizierte Bloomberg eine Meldung, wonach die Credit Suisse mit der Royal Bank of Canada und Morgan Stanley an einer möglichen Kapitalerhöhung arbeite. Eine Kapitalerhöhung laufe intern unter dem Decknamen "Projekt Ghana" und könnte nach der offiziellen Ankündigung der Umstrukturierung am 27. Oktober erfolgen.

Sollte die Credit Suisse eine Kapitalerhöhung durchführen, würde sie wahrscheinlich mindestens 2 Milliarden Dollar benötigen, um die Umstrukturierung und etwaige Verluste in den nächsten Jahren zu decken, da sie das Geschäft neu ausrichtet, schrieb Bloomberg.

Die Aktien der Credit Suisse stiegen am Dienstag um bis zu 4,3 Prozent und lagen am Abend bei 4,60 Schweizer Franken, was darauf hindeutet, dass die Anleger eine Kapitalerhöhung als weniger verwässernd betrachten, als manche erwartet hatten.

Reuters und andere Medien übernahmen die Meldung. CS sowie Royal Bank of Canada und Morgan Stanley lehnten eine Stellungnahme ab.

Es ist die bisher konkreteste Meldung über eine Kapitalerhöhung

Es ist die gefühlt zwanzigste Meldung über eine Kapitalerhöhung bei der Credit Suisse. Über den Sommer hatte Reuters bereits zwei Mal berichtet, dass die CS eine Erhöhung durchführen werde, was den Kurs damals in den Keller schickte. Das war zuletzt am 22. September.

Bereits in der Nacht auf den 31. Mai publizierte Reuters eine Meldung, wonach die Bank eine Kapitalerhöhung von einer Milliarde Dollar erwäge. Sie bezog sich dabei auf zwei unabhängige Quellen. Die Aktien gaben um über 5 Prozent nach.

Damals reagierte die Bank schnell und sagte, dass sie “derzeit” nicht erwäge, zusätzliches Eigenkapital aufzunehmen (Tippinpoint berichtete). Mit einer gewichteten Eigenkapitalquote von 13,8 Prozent (CET1 Ratio) und einer Leverage Ratio von 4,3 Prozent sei die Gruppe “robust kapitalisiert”. Damals war noch die alte Führungscrew am Ruder.

Wortkarger gab sich die Bank am 22. September mit umgebautem Top-Management. Der Kurs sackte an dem Tag um über 5 Prozent auf 4,65 Franken ab – ziemlich genau soviel kosten die CS-Titel heute. Eine Sprecherin äusserte nicht zu den Gerüchten. Sie verwies auf die Präsentation der Quartalszahlen vom 27. Oktober. (Mehr hier)

Allerdings: Wenige Tage später, am 26. September, verschickte die Bank ein bemerkenswertes Communiqué. Die Grossbank sei “gut unterwegs” mit ihrer umfassenden Strategieüberprüfung, teilte sie den verunsicherten Märkten mit. Gleichzeitig wandten sich CEO Ueli Körner und Präsident Axel Lehmann auch noch mit einer Message an die Mitarbeiter der Bank.

Das Bemerkenswerte an der Pressemitteilung kam ganz am Schluss.
Auszug aus der Originalmitteilung vom 26. September:
(...)
"The Board of Directors and the Executive Board are considering alternatives that go beyond the conclusions of last year’s strategic review. The aim is to create a more focused, agile Group with a significantly lower absolute cost base, capable of delivering sustainable returns for all stakeholders and first-class service to clients.
The bank is currently executing on a number of strategic initiatives including potential divestitures and asset sales."
Insbesondere der Schlusssatz, wonach die Bank eine Reihe von strategischen Initiativen durchführe, zu denen auch potenzielle Veräusserungen und Verkäufe von Vermögenswerten gehören, liess aufhorchen. Die versteckte Botschaft war klar: Die Bank wird keine Kapitalerhöhung durchführen, sondern sich die das Geld über andere Kanäle beschaffen.

Das war die unzweideutige Botschaft, welche die Bank im Text verbreiten wollte. Die gleiche Botschaft vermittelten auch Kaderleute in Hintergrundgesprächen, die Zugang zur Geschäftsleitung und Verwaltungsrat haben.

Wenn die Bank nun trotzdem eine Kapitalerhöhung durchziehen sollte, wäre das nicht nur eine Enttäuschung für die Aktionäre, sondern ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem für das Führungsduo Lehmann und Körner.

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