Politik
Der Bundesrat will ein zentrales Register schaffen, in dem die wirtschaftlich Berechtigten hinter allen Schweizer Unternehmen aufgeführt sind. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings nur ein halber. Ein Kommentar.
13. Oktober 2022 • Beat Schmid

Am Mittwoch hat der Bundesrat entschieden, ein Register zu schaffen, in dem die wirtschaftlich Berechtigten hinter allen Schweizer Unternehmen aufgeführt sind. Dieses Register soll den zuständigen Behörden die Aufdeckung und Verfolgung von Geldwäschereifällen erleichtern und so zugleich zur Prävention von Korruption, Terrorismusfinanzierung und anderen Vortaten der Geldwäscherei beitragen.

Doch das Register ist im Unterschied zum Handelsregister oder dem Grundbruch nicht öffentlich zugänglich, sondern nur “einschlägigen Behörden”, wie die Regierung entschieden hat. Die NZZ schreibt von einem “gangbaren Kompromiss, er will Transparenz schaffen, ohne diese Informationen öffentlich auszubreiten”.

Andere Organisationen sehen es kritischer: Transparency International verlangt, dass das Register der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde und nicht “bloss” den Behörden vorbehalten sei. Das NGO argumentiert, dass ein öffentliches Register Unternehmen die Geschäftspartnerprüfung wesentlich erleichtern und ausserdem den Medienschaffenden ermöglichen würde, Korruptions- und Geldwäschereifälle aufzudecken.

Im Fall Vincenz wäre nichts gewonnen

Die Einwände sind berechtigt. Die Frage ist, was sich in der Praxis gegenüber heute tatsächlich ändern würde. “Einschlägige Behörden” haben bereits jetzt Zugang zu allen möglichen Informationen. Strafermittlungsbehörden oder die Finanzmarktaufsicht können bereits jetzt die wirtschaftlich Berechtigten hinter Briefkastenfirmen in Erfahrung bringen. Möglicherweise bietet ein zentrales Register tatsächlich nur die Möglichkeit, die Identifikation der wirtschaftlich Berechtigten “zu erleichtern”, wie der Bundesrat in der Medienmitteilung schreibt.

Wenn es so kommt, wäre wenig gewonnen. Denn das Problem ist, dass die Behörden in den wenigsten Fällen von sich aus aktiv werden. Wie sollen sie überhaupt darauf kommen, dass im Schatten einer Briefkastenfirma betrügerische Transaktionen getätigt werden? Es braucht Strafanzeigen und oftmals öffentlicher Druck, bis sie in die Gänge kommen und Ermittlungen aufnehmen. Das zeigte sich im spektakulären Fall von Pierin Vincenz.

Der Ex-Raiffeisenchef Vincenz und sein Geschäftspartner Beat Stocker waren die wirtschaftlich Berechtigen hinter der Briefkastenfirmen iFinance Management in Zug. Sie setzten als einzigen Verwaltungsrat den Anwalt Beat Barthold ein. Die Firma war die geheime Schaltzentrale, über die Millionenbeträge verschoben wurden. iFinance beteiligte sich vorgängig an Firmen wie Commtrain, die dann wenig später zu übersetzen Preisen an Aduno (heute Viseca) verkauft wurden, wo Vincenz und Stocker als Verwaltungsratspräsident beziehungsweise CEO die Fäden zogen.

Es braucht einen vereinfachten Zugang zum Register

Schon bald tauchten Verdachtsmomente auf. Doch für Journalisten war es damals unmöglich, hinter die Konstruktion zu blicken. Die Deals blieben im Verborgenen. Erst nach einer Bankgeheimnisverletzung Jahre später, nach hartnäckigen Recherchen und einer umfangreichen Strafanzeige kam die Sache ins Rollen.

Deshalb ist der Vorschlag des Bundesrats ungenügend. Konstruktionen wie jene im Fall des erstinstanzlich verurteilten Ex-Raiffeisenchefs und seines ebenfalls verurteilten Geschäftspartners würden auch künftig viel zu lange im Verborgenen bleiben.

Es braucht Möglichkeiten, dass Verwaltungsräte, Geschäftspartner und Journalisten einen vereinfachten Zugang zum Register haben, wenn sie einen Verdacht haben.

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