AHV-Fond und ESG
Der Präsident von Compenswiss findet nachhaltige Anlagen zwar gut und richtig, doch zuerst gelte es, an die Renten zu denken. Trotzdem steigt die Zahl der Firmen, die der AHV-Ausgleichsfonds auf die schwarze Liste gesetzt hat.
11. Februar 2022 • red.

Die staatlichen Fonds der ersten Säule (AHV, IV und EO) haben im vergangenen Jahr die Schraube im Sustainability-Bereich angezogen. So wurden Rohstoff- oder Energiekonzerne, die mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit Kohle erwirtschaften, aus dem Anlageuniversum ausgeschlossen.

Compenswiss, welche für die Verwaltung der Fonds zuständig ist, senkte diese Schwelle im Laufe des letzten Jahres auf 30 Prozent, wie deren Präsident Manuel Leuthold gestern sagte. Insgesamt habe der Fonds per Ende Jahr 56 Unternehmen ausgeschlossen.

Andere Rentenkassen gehen deutlich weiter

Der Ausgleichsfonds ist Mitglied des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen (SVVK). Die Mitglieder des Vereins verwalten total rund 300 Milliarden Franken Anlagevermögen. Zum SVVK gehören einige der grössten Pensionskassen der Schweiz: die BVK des Kantons Zürich sowie die Pensionskassen der Post, der SBB, des Bundes (Publica), der Suva und der Migros.

Der Verein ist im Gespräch mit rund 130 Unternehmen, um Verbesserungen bei der Governance, der Umweltpolitik oder im Bereich Diversity zu erwirken. Darunter sollen sich mehrere SMI-Unternehmen befinden, sagte Leuthold. Vor kurzem nahm der SVVK den Dialog mit Unternehmen aus dem Öl- und Gas-Geschäft auf.

Für Leuthold sind ESG-Themen zwar wichtig, doch die Rentner kommen für ihn an erster Stelle. «Unser Ziel ist es nicht, die Welt zu retten und danach die Renten zu bezahlen, sondern umgekehrt», sagte der Präsident von Compenswiss.

Andere staatliche Akteure im Ausland wenden zum Teil deutlich strengere Ausschlusskriterien an. Gestern berichtete Reuters, dass etwa die staatliche Pensionskasse des US-Bundesstaates New York sich im grossen Stil von Schiefergas-Firmen getrennt habe.

Insgesamt verkaufte die Kasse Aktien und verbriefte Schulden im Umfang von 238 Millionen Dollar. Der Pensionsfonds bemängelte, dass die Unternehmen nicht bereit seien, sich energischer für Reduzierung von Klima-Emissionen einzusetzen.

Eine Rendite von 5,28 Prozent für AHV-Fonds
Compenswiss (Ausgleichsfonds AHV/IV/EO) schliesst das Jahr 2021 mit einer positiven Performance ab. Die Nettorendite auf dem Anlagevermögen beträgt 5,28 Prozent und liegt leicht über dem Vorjahresniveau (5,22 Prozent). Das Vermögen beläuft sich insgesamt auf 40,9 Milliarden Franken, gegenüber 38,5 Millionen Franken vor einem Jahr. Leuthold spricht von einem «befriedigenden Ergebnis». Im Unterschied zu einer Pensionskasse hat das Umlagevorsorgewerk einen kurzfristigeren Anlagehorizont.