Unorthodox
Exit aus der defizitären Investmentbank um jeden Preis; Reduktion der Saläre um 20 bis 30 Prozent je nach Stufe; Abschaffung der Cash-Boni. Warum die Credit Suisse jetzt unorthodoxe Massnahmen braucht.
12. Februar 2022 • red.

Wie es um die Credit Suisse bestellt ist, lässt sich am Aktienkurs ablesen. Die amerikanischen Investmentbanken notieren nahezu auf Allzeithöchst und selbst die UBS und die Deutsche Bank schreiben dank erfolgreicher Restrukturierungen wieder ansprechende Gewinne.

Die CS-Aktien hingegen haben sich kaum von ihren Tiefstständen lösen können. Langjährige Aktionäre sehen sich mit Kursverlusten von 90 Prozent konfrontiert. Auch die Tatsache, dass die CS-Aktie kaum von der Kurserholung des europäischen Bankenindex, die in den letzten sechs Monaten stattfand, profitieren konnte, sagt viel über die Verfassung der Schweizer Grossbank aus.

Axel Lehmann, der neue Executive Chairman, ist gefordert. Er muss das Vertrauen wiederherstellen und einen Kulturwandel herbeiführen. Das erreicht er nicht mit Pflästerlipolitik. Es ist an der Zeit, zu unorthodoxe Massnahmen zu greifen:

- Exit aus der defizitären Investmentbank um jeden Preis;

- Reduktion der Saläre um 20-30% je nach Stufe;

- Abschaffung der Cash-Boni.

1. Exit aus der Investmentbank

Die Schliessung oder der Verkauf der Investmentbank für einen Franken (1.- CHF) sollte kein Tabu mehr sein. Die Europäer sind nicht die richtigen Besitzer dieses Geschäfts. Die CS wird derzeit zu 0,5 des Buchwerts gehandelt. Das heisst, eine Sum-of-the-Parts-Valuation (also die Bewertung der Einzelteile) impliziert einen negativen Wert von 8 bis 10 Franken pro Titel für die Investmentbank.

Um auf diesen Schluss zu kommen, braucht es keine sophistizierte Zahlenakrobatik, sondern es reicht eine einfache Back-of-the-Envelope-Berechnung:

2. Reduktion der Saläre um 20 bis 30 Prozent je nach Stufe

Ungeachtet zahlreicher Restrukturierungen und Entlassungen ist der Personalbestand in den letzten Jahren weiter angestiegen und das Cost-Income-Ratio lag in den letzten Jahren mit 77 bis 83 Prozent weit ausserhalb des vertretbaren Rahmens. Meiner Einschätzung nach wurde da ein Wasserkopf aufgebaut. In der Bank haben viel zu viele «Politiker» das Sagen, die weder kunden- noch geschäftsorientiert sind.

3. Abschaffung der Cash-Boni

Warum wird der Grossteil der Boni heute in Cash ausbezahlt? Wenn die Manager an die Zukunft ihrer Bank glauben würden, müssten angesichts des stark gedrückten Aktienkurses eigentlich aktienbasierte Bezüge angesagt sein. Statt dass die CS-Manager Ownership an den Tag legen, steht bei ihnen eine persönliche Gehaltsoptimierung im Vordergrund. Alle Manager müssten sich mit ihrem Kapital an der Bank beteiligen. Und damit «Skin in the Game» zeigen.

Aktionäre stehen abseits – Kunden springen ab

Seit 2009 verdient die CS-Gruppe ihre Kapitalkosten nicht mehr. Die Bank hat in diesem Zeitraum massiv Wert vernichtet. Die jüngsten Negativschlagzeilen scheinen den Abfluss von Kundengeldern zu beschleunigen und eine Vertrauenskrise ausgelöst zu haben. Vertrauen ist das wichtigste Asset einer Bank. Schwer nachvollziehbar ist, warum die Grossaktionäre der Entwicklung tatenlos zusehen. Das sind doch Profis mit Performanceverantwortung.

Die CS braucht dringend einen Kulturwandel. Das ist durchaus möglich. Aber es ist anstrengend und es braucht Mut und Durchsetzungswillen. Andere Unternehmen haben gezeigt, wie das gehen kann. Jan Jenisch hat bei Holcim vorgemacht, was möglich ist.

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Unorthodox ist eine Kolumne von Tippinpoint. Wie der Name sagt, kommentiert sie Entwicklungen mit unorthodoxem Blick. Sie erscheint in loser Folge.